Keine Diskussion während des Gefechts
Lurie will uns nicht bloß visuell beeindrucken. Er zeigt solche Kunststücke dort, wo sie der Handlung dienen. An einigen Stellen sterben Männer auch außerhalb des Bildes. Einer der schlimmsten Verluste im Film ereignet sich ziemlich undramatisch und vermittelt so die Sinnlosigkeit mancher Missionen noch deutlicher. Das trägt zum Realismus dieses Films ebenso bei wie Dutzende Kleinigkeiten, die in vielen anderen Filmen immer wieder unter den Tisch fallen oder falsch dargestellt werden.
Wenn ein Mann zum Verbandsplatz gebracht wird, ist die Information, wie lange er bereits Blut verliert, tatsächlich lebenswichtig. Und wenn in einem Camp mehr als 50 Mann weitab der Zivilisation leben und es dort keine Kanalisation gibt, ist der Latrinendienst tatsächlich eine bessere Strafmaßnahme als Soldkürzungen. Auch benötigen in diesem Film unterschiedliche Waffen tatsächlich unterschiedliche Munition. Und zum ersten Mal seit langem sehen wir hier einen Kriegsfilm, der Munition von Anfang an als endliche und damit extrem wertvolle Ressource behandelt und nicht bloß an einer einzigen spannenden Stelle. Wenn Romesha im ersten Feuergefecht wenige gezielte Einzelschüsse aus seinem Sturmgewehr abgibt, sehen wir einen erfahrenen Soldaten, der weiß was er tut und keinen „Lone Survivor“.
Die erfahrene Gelassenheit von Staff Sergeant Romesha vermittelt aber vor allem sein Darsteller Scott Eastwood („Fast & Furious 8“). Bisher hat der Sohn von Altmeister Clint kaum beeindruckende Leistungen gezeigt. In der Rolle des Unteroffiziers erinnert er in einigen Szenen aber stark an den jungen Herrn Papa. Wenn er einen auf Vorschriften bedachten Offizier fragt, wo die Schüsse den hergekommen seien, erinnert das an entsprechende Szenen in „Dirty Harry“. Aber er zeigt uns einen viel realistischeren Helden als wir sie in alten Filmen seines Vaters zu sehen bekamen. Seine Figur ist kein cooler Einzelgänger, sondern ein echter Anführer. Und so ist es auch besser, wenn er im Film von den Kameraden immer als „Ro“ angesprochen wird. Romeshas Vornahme lautet nämlich tatsächlich „Clint“ und so viel Verwirrung hätte nur abgelenkt.
Der zweite mit der „Medal of Honor“ ausgezeichnete Held, der während des Feuergefechts um den Außenposten Großartiges geleistet hat, war Specialist Ty Carter. Und sein Darsteller Caleb Landry Jones („Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“) leistet Großartiges in diesem Film. Er spielt den unangepassten Ex-Marine, der zur Army gewechselt ist, nicht als Nervensäge, sondern als etwas schwierigen Menschen, der Mühe hat seine innere Kraft und seine Emotionen im Gleichklang zu halten. Wenn er während des Gefechts zum Helden wird, tut er das auf eine ganz andere Art als Eastwoods Romesha und mit einer ganz anderen Motivation und kann uns so auf ganz andere Art überzeugen.