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Kritik: Der Exorzist: Bekenntnis

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Autor: Christopher Diekhaus
 
Den nächsten Klassiker im Visier: Nach seiner Trilogie über Kultkiller Michael Myers setzt David Gordon Green eine weiteren Horrormeilenstein fort. Das Sequel zu William Friedkins legendärer Romanverfilmung „Der Exorzist“ bietet allerdings kein besonders tiefgehendes Grauen.
 
Qual der Wahl
 
Was hätte der Meister selbst wohl zur neuen Fortführung seines Horrorgroßwerks aus dem Jahr 1973 gesagt? Vermutlich wenig Positives. Überliefert ist immerhin seine alles andere als hohe Meinung über John Boormans „Der Exorzist II: Der Ketzer“, jenen Nachfolger, der bereits 1977 in die Kinos kam. Friedkin ließ kein gutes Haar am ersten Sequel und machte in Interviews seinem generellen Ärger über den Fortsetzungswahn Hollywoods ordentlich Luft.
 
Wie David Gordon Green zu Protokoll gab, versuchten er und seine Mitstreiter, vorab in Kontakt mit dem Regiehaudegen zu treten, um sich seinen Segen für „Der Exorzist: Bekenntnis“ abzuholen, einen Film, der lose an den Klassiker anschließt und mit Ellen Burstyn sogar die Hauptdarstellerin des Originals in einer Nebenrolle zurückholt. Eine Antwort bekamen sie jedoch nicht. Nach seinem Tod im August 2023 wird sich Friedkin nicht mehr äußern können. Sein Urteil wäre aber wahrscheinlich ähnlich vernichtend ausgefallen wie damals, wofür es durchaus Gründe gibt.
 
 
Nach seiner Fortsetzungstrilogie zu John Carpenters Slasher-Glanzstück „Halloween – Die Nacht des Grauens“, die recht vielversprechend begann, allerdings kontinuierlich abbaute, wagt der ursprünglich aus dem Independent-Bereich kommende David Gordon Green erneut den Vergleich mit einem Markstein des Genres. Wer an einen wegweisenden Film wie „Der Exorzist“ andockt, setzt sich automatisch der Gefahr aus, ständig an dessen Wirkung gemessen zu werden. Mehr noch als andere Werke über Teufelsaustreibungen, die seit 1973 haufenweise auf den Markt schwemmten, muss sich „Der Exorzist: Bekenntnis“ seine Daseinsberechtigung verdienen – was nur bedingt gelingen will.
 
Im Mittelpunkt des neuen Reihentitels – die vier bisherigen Sequels bzw. Prequels spielen für die Handlung keine Rolle – stehen der Fotograf Victor Fielding (Leslie Odom Jr.) und seine Tochter Angela (Lidya Jewett). Das enge Verhältnis zwischen der Teenagerin und ihrem Vater hat einen tieftraurigen Hintergrund. Während eines Haitiurlaubs wurde nämlich Victors schwangere Ehefrau von einem Erdbeben überrascht und unter Trümmern begraben. Entscheiden musste er im Anschluss, wen die Ärzte retten sollten, entweder die schwer verletzte Gattin oder das ungeborene Kind. Eine Wahl, die man keinem Menschen wünscht.
 
Richtig in Gang kommt „Der Exorzist: Bekenntnis“, als Angela und ihre Mitschülerin Katherine (Olivia O’Neill, in den Credits als Olivia Marcum geführt) in den Wald gehen, um heimlich die verstorbene Mutter anzurufen. Irgendetwas läuft dabei schrecklich aus dem Ruder. Denn plötzlich verschwinden die beiden Mädchen für mehrere Tage und tauchen ebenso unverhofft ohne Erinnerungen an die Geschehnisse wieder auf. Schlimmer noch: Ihr Verhalten nimmt derart merkwürdige Züge an, dass schnell der Verdacht im Raum steht, sie könnten von einer bösen Macht besessen sein. Anders als Katherines strenggläubige Eltern sperrt sich Victor anfangs gegen diesen ungeheuerlichen Gedanken. Irgendwann jedoch weiß auch er nicht mehr weiter und sucht auf Anraten seiner Nachbarin Ann (Ann Dowd) die betagte Chris MacNeil (Ellen Burstyn) auf, die nach einem erfolgreichen Exorzismus bei ihrer Tochter Regan Teufelsaustreibungen in aller Welt erforscht und über ihre Studien ein Buch geschrieben hat.
 
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Konfuses Finale
 
Greens Film beginnt gar nicht mal so schlecht. Der kurze Prolog erzeugt eine ungemütliche Stimmung und geht emotional gleich in die Vollen. Im Wissen um die tragische Familiengeschichte lässt einen das Verschwinden von Angela und ihrer Freundin gleich noch etwas mehr mit Victor mitfühlen. Panik und Ohnmacht werden greifbar, und auch die bei Friedkin sehr ausführliche Diskussion um den Glauben, seinen Sinn, seine Möglichkeiten und seine Grenzen scheinen bereits in der Gegenüberstellung von Angelas skeptischem Vater und Katherines Eltern durch.
 
Verglichen mit dem bedächtigen Erzählaufbau im Ursprungswerk, das sich rund 45 Minuten Zeit nimmt, um den Boden für das Grauen zu bereiten, springt „Der Exorzist: Bekenntnis“ schon etwas früher in den Gruselmodus. Von einer hyperaktiven Geisterbahnfahrt, wie sie im heutigen Horror-Mainstream oft vom Start weg losrollt, ist Greens Sequel aber zum Glück ein gutes Stück entfernt. Rückt die Besessenheit allerdings ins Zentrum des Geschehens, glänzt der Film nicht gerade mit originellen Schreckensarrangements. Klassische Stilmittel kommen zum Einsatz. Hier und da gibt es einen wirkungsvollen Irritationsmoment. Ernsthaft furchteinflößend ist das, was der Regisseur aus dem Hut zaubert, zumindest für Genrefans, aber nicht.
 
Friedkins Klassiker setze mit seinen Motiven und Schockeffekten Standards für das Exorzismus-Kino, die 50 Jahre und unzählige Beiträge später natürlich nicht mehr dieselbe Verstörungskraft besitzen. Grotesk verrenkte Körper, entstellte Gesichter und Kinder, die mit unheimlichen Stimmen sprechen, haben wir schon zu oft gesehen, um davon nachhaltig erschüttert zu werden. Erschwerend kommt im konkreten Fall hinzu, dass David Gordon Green in manchen Szenen auf einen krassen Höhepunkt hinzuarbeiten scheint, diesen dann aber einfach schuldig bleibt. Bestes Beispiel ist eine Gottesdienstpassage, in der man sich bildhaft ausmalt, wie Katherine über die Stränge schlagen könnte. Serviert wird uns dann allerdings eine eher langweilige Auflösung.
 
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Überhaupt geht es in „Der Exorzist: Bekenntnis“ verhältnismäßig zahm zu. Klar, ein paar blutige Bilder dürfen nicht fehlen. Die raue, grenzüberschreitende Qualität des Originals, das mit einer Kruzifix-Masturbationsszene und bösen Schimpfworten aufwartete, sucht man jedoch vergeblich. Alles wirkt eine Spur zu glatt, zu sauber, zu sehr domestiziert. Deutlich wird das auch im dritten Akt, der zwar eine spannende Offenbarung bereithält, gleichzeitig aber eine mit Figuren arg überladene Austreibung entfesselt. Entsteht die Intensität im Friedkin-Showdown gerade aus der Enge und der Beschränkung auf wenige Personen, geben sich hier alle möglichen Charaktere – einige davon schrecklich belanglos – die Klinke in die Hand und vertreten zum Teil unterschiedliche Religionen. War „Der Exorzist“ noch klar im patriarchalen Katholizismus verankert, kommt es in Greens Fortsetzung zu einem Mix, der, allen guten Intentionen zum Trotz, völlig willkürlich wirkt und uns auf plumpe Weise eine „Zusammen schaffen wir alles“-Botschaft einhämmern soll. Mit heiligem Ernst vorgetragene Kalendersprüche fliegen uns bereits ab der Mitte des Films permanent um die Ohren.
 
Verlieren wollen und müssen wir abschließend noch ein paar Worte über die Rückkehr Ellen Burstyns, die im Dezember 2023 ihren 91. Geburtstag feiern wird. Für die Geschichte ist der Auftritt Chris MacNeils unter dem Strich ernüchternd unerheblich – und hätte genauso gut entfallen können. Warum taucht die Protagonistin des Original dennoch auf? Ganz einfach: Nur so lässt sich der Film unter dem Banner von „Der Exorzist“ vermarkten. Ohne Burstyns unwürdige Stippvisite wäre das Ganze ein x-beliebiger Besessenheitsstreifen. Green und Co scheint das freilich nicht groß zu stören. Zwei weitere Sequels sind schon in Arbeit.
 
Fazit
 
Nicht unheimlich genug, nicht radikal genug und am Ende in Beliebigkeit versinkend: Als würdiger Nachfolger von William Friedkins Horrormeisterwerk „Der Exorzist“ erweist sich diese Fortsetzung leider nicht.
 
 
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