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Kritik: Halloween Ends

 
dfdh kritik
 
Autor: Christopher Diekhaus
 
Auch im Jahr 2022 hält Michael Myers die Kleinstadt Haddonfield im Klammergriff – allerdings anders als gedacht. David Gordon Greens Abschluss seiner „Halloween“-Trilogie schlägt eine interessante Richtung ein, geht den Weg aber nicht konsequent zu Ende.
 
Warten auf Michael Myers
 
Beginnen wir mit einer Warnung: Soll diese Kritik sich nicht in allzu schwammigen Ausführungen erschöpfen, sind kleine Enthüllungen unumgänglich. Was Fans von John Carpenters Horrorklassiker „Halloween – Die Nacht des Grauens“ und David Gordon Greens daran anknüpfender Slasher-Trilogie am meisten überraschen dürfte, ist die anfängliche Abwesenheit des kultigen Reihenantagonisten. Erst nach mehr als einer Dreiviertelstunde tritt Michael Myers (James Jude Courtney) in „Halloween Ends“ leibhaftig in Erscheinung. Über der US-Kleinstadt Haddonfield liegt natürlich aber schon zuvor der Schrecken, der mit seinem Namen und seinen Taten verbunden ist.
 
Die Mordserie von 1978 hat die damalige Babysitterin Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) geprägt und verfolgt sie bis in die Gegenwart, in der sie endlich ihre Wut und ihre Angst hinter sich lassen will. Vier Jahre nach der Tötung ihrer Tochter Karen bei Michaels jüngstem Amoklauf an Halloween 2018 soll ein Buch über ihre Erfahrungen einen Schlusspunkt unter das Myers-Kapitel setzen. Schon im ersten Drittel fliegen uns Passagen aus dem Bericht in Form von Voice-over-Kommentaren um die Ohren, denen stets etwas Kitschig-Kalenderspruchartiges anhaftet.
 
 
Lauries besondere Aufmerksamkeit gilt ihrer durch die Geschehnisse ebenfalls traumatisierten Enkelin Allyson (Andi Matichak), mit der sie inzwischen zusammenwohnt. Um das Liebesleben der jungen Krankenschwester in Schwung zu bringen, fädelt Oma Strode eine Begegnung mit dem ähnlich schwer gezeichneten Haddonfield-Außenseiter Corey Cunningham (Rohan Campbell) ein, der in einem auf den Punkt inszenierten Prolog in einen schrecklichen Unfall verwickelt wird und danach als Psycho gilt. Michael Myers, dessen Schatten überall zu spüren ist, hat sich – Pennywise aus Stephen Kings Horrorroman „Es“ lässt grüßen – derweil in das Kanalsystem zurückgezogen und streckt von dort seine mörderischen Hände aus.
 
Mutig, aber nicht mutig genug
 
Das, was der einmal mehr auch am Drehbuch mitwirkende Regisseur und seine kreativen Partner in „Halloween Ends“ versuchen, ist durchaus wagemutig, eröffnet aber interessante neue Blickwinkel. Die ursprüngliche Schreckgestalt, eine Genreikone, eine ganze Weile an den Rand zu stellen und stattdessen davon zu erzählen, wie das Böse womöglich in uns allen schlummert, hat zweifelsohne seinen Reiz. Oder müsste man „hätte“ sagen? Unter dem Strich beschreitet der Film den neuen Weg nämlich nur halbherzig.
 
Problematisch ist bereits, dass die für das Konzept enorm wichtige Romanze der verletzten Seelen Allyson und Corey quasi auf Knopfdruck herbeigeführt wird. Ihre Beziehung ließe sich in eine aufregende Richtung lenken. Vor dem ganz großen Umbruch schrecken die Macher allerdings zurück. Verbunden ist damit auch der nur zur Hälfte ausgereizte Konflikt zwischen Laurie und ihrer Enkeltochter, die mehr und mehr erkennt, dass sie aus ihrem alten Leben ausbrechen muss.
 
01 ©2022 Universal Pictures02 ©2022 Universal Pictures03 ©2022 Universal Pictures04 ©2022 Universal Pictures
 
„Halloween Ends“ setzt die in Greens erstem Teil auf den Weg gebrachte Diskussion um Trauma und Verarbeitung fort, rutscht aber immer dann ins unfreiwillig Komische ab, wenn es tiefgründig und philosophisch werden soll. Lacher produziert der Film, wie in der Kölner Pressevorführung zu hören war, in ähnlichem Umfang wie sein direkter Vorgänger.
 
Ein ums andere Mal wird es dabei absurd im negativen Sinne. Dass das Geschehen zuweilen parodistisch anmutet, liegt vor allem an einigen völlig überzeichneten Nebencharakteren. Coreys Mutter behandelt ihren erwachsenen Sohn wie einen Dreijährigen, hat – hallo Norma Bates – ein ungesundes Verhältnis zu ihm. Vier Jugendliche sind allein optisch als Klischee-Asis markiert.
 
Und Allysons Kollegin ist als dümmliche, dampfplaudernde Arztaufreißerin nicht weniger stereotyp. Sinnvoll wäre es wahrscheinlich gewesen, den neuen großen Handlungsschlenker früher einzuführen bzw. anzudeuten. Statt die Protagonistinnen im zweiten Teil phasenweise zu Statistinnen zu machen, hätte man konsequente Vorarbeit für das Finale leisten können.
 
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Während der Film zum Ende hin noch einmal Gas gibt und den Härtegrad steigert, fehlt es zwischendurch immer wieder an Spannung und echten Gänsehautmomenten. Von John Carpenters gnadenlos präzise getimter Eskalationsdramaturgie aus „Halloween – Die Nacht des Grauens“ ist Greens Reihenabschluss mehr als ein bisschen entfernt.
 
Fazit
 
Zwischen platten Weisheiten, schnulzigen Begegnungen und comichaften Nebenfiguren gehen Spannung und Verstörungskraft zu oft verloren, um „Halloween Ends“ in einen memorablen Schocker zu verwandeln. Schade um eine reizvolle Grundidee, die, schonungslos weitergesponnen, das Publikum wohl nachhaltiger erschüttert hätte.
 
 
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