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Kritik: Planet der Affen: New Kingdom

sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Was bietet die dritte Fortsetzung des zweiten Reboots einer Filmserie, die mittlerweile mehr als 50 Jahre alt ist?
 
Many generations later …
 
Seit den Geschehnissen von „Planet der Affen: Survival“ ist viel Zeit vergangen. Caesar, der Held der ersten drei Teile ist nur noch die Grundlage für Legenden, die von verschiedenen Affenstämmen unterschiedlich interpretiert werden. Noa, ein junger Schimpanse lebt mit seinem Stamm friedlich vor sich hin, bis dieser von einem feindlichen Stamm überfallen wird. Als einziger Überlebender, der nicht den feindlichen Affen in die Hände gefallen ist, macht er sich auf die Suche nach seiner Familie …
 
Das Produktionsniveau des neuesten Films der „Planet der Affen“-Reihe ist in technischer Hinsicht so hervorragend, dass man beinahe einige wirklich schwache Teile des Films übersehen kann. In den dreizehn Jahren seit dem Reboot „Planet der Affen - Prevolution“ haben wir jede Menge Blockbuster mit hervorragenden visuellen Effekten zu sehen bekommen. Aber selten waren diese Effekte so durchgehend gut gemacht. Und natürlich haben wir seither mehrmals gesehen, wie Menschen und Affen (und andere Affen) um den Planeten der Affen kämpfen. Aber so überzeugend und realistisch waren diese Kämpfe bisher nicht zu sehen.
 
Ich habe bereits mehrmals, zuletzt bei „Godzilla x Kong: The New Empire“ über Blockbuster berichtet, deren computergenerierte Bilder von recht unterschiedlicher Qualität waren. Da diese Filme zu mehr als 95% aus CGI bestehen, wird die immense Arbeitslast immer auf mehrere Firmen verteilt, von denen manche eben besser arbeiten als andere. Bei „Planet der Affen: New Kingdom“ habe ich nicht eine Szene, nicht eine Einstellung und nicht ein Bild gesehen, die mich visuell nicht völlig überzeugt hätten.
 
 
In diesem Film sind Affen wild, traurig, fröhlich, ängstlich und vieles mehr. Jede dieser Emotionen wird von den computergenerierten Affen durch Körpersprache und Mimik stets glaubhaft und nachvollziehbar vermittelt. In diesem Film kämpfen Affen, klettern auf verfallene Wolkenkratzer, stürzen zu Tode, müssen Sklavenarbeit verrichten, schwimmen um ihr Leben, einige ertrinken, sie lassen Adler auf ihren Armen landen und noch viel mehr. Jede dieser Aktionen wirkt absolut realistisch und stimmig.
 
Das macht „Planet der Affen: New Kingdom“ nach „Fall Guy“ zu einem der wenigen gelungenen Action-Filme der letzten Zeit. Filme wie „The Equalizer 3“ sind eher „Gewalt-Filme“ weil sie vor allem „Gewalt“ aber kaum echte „Action“ zeigen. „Planet der Affen: New Kingdom“ zeigt echte Action. Und das nicht zu knapp. Eine dramatische Szene auf einer Brücke braucht kein Blutvergießen, um Wirkung zu entwickeln. Das Finale kommt mit einem einzigen abgegebenen Schuss aus und ist trotzdem bis zum Schluss spannend.
 
01 ©2024 20th Century Studios03 ©2024 20th Century Studios04 ©2024 20th Century Studios09 ©2024 20th Century Studios
 
Regisseur Wes Ball hat bisher die „Maze Runner“-Trilogie durchaus kompetent inszeniert. Und er scheint seit „Maze Runner 3“ noch einiges dazu gelernt zu haben. „Planet der Affen: New Kingdom“ hat einen herrlich natürlichen Look. Das Verhältnis zwischen Dialog und Action ist ausgewogen. Daher wirken die 145 Minuten seines neuen Films auch nicht zu lang. Und das, obwohl die Story nicht nach Überlänge verlangt hätte. Ähnlich wie bei „Maze Runner“ inszeniert Wes Ball über das Drehbuch hinaus und sorgt hier für mehr Spannung und Dramatik als die Vorlage hergibt.
 
Apes hunt humans. That is wrong!
 
Das Drehbuch stammt von Josh Friedman. Der hat u.a. für „Krieg der Welten“ einen Haufen Ungereimtheiten und Kitsch zu so etwas ähnlichem wie einer Story verwurstet. Danach hat er für „The Black Dahlia“ aus einem der besten Kriminalromane seiner Zeit ein wüstes Durcheinander fabriziert, dem niemand folgen konnte oder wollte. Ich will hier nicht jedes mittelmäßige Drehbuch aufzählen, das Josh Friedman verfasst hat und kürze daher mit der Feststellung ab, dass er auch einer der Autoren von „Avatar: The Way of Water“ war. Das sagt wohl alles.
 
Beim vierten Teil von „Planet der Affen“ hätte ja auch wirklich niemand einen raffiniertem Plot im Stil der Nolan-Brüder erwartet. Und tatsächlich ist an der geradlinigen, etwas simplen Grundstory wenig auszusetzen. Aber irgendwann im Laufe des Films kann und möchte man einfach nicht mehr ignorieren, wie oft sich Drehbuchautor Josh Friedman seine Arbeit einfach viel zu leicht macht.
 
Beispiel gefällig? Noas Stamm wird von einem Trupp feindlicher Affen überfallen. Es kommt zu wilden Kämpfen, das Lager steht in Flammen, links und rechts kommen Affen gewaltsam ums Leben, … alles von Wes Ball sehr spannend in Szene gesetzt. Im Laufe der Kämpfe stürzt Noa von einem Turm und verliert das Bewusstsein. Als er am nächsten Morgen aufwacht ist das Lager seines Stammes ratzekahl geplündert. Alle Affen wurden verschleppt. Alles was nicht verbrannt ist, wurde vermutlich gestohlen. Nur den bewusstlose mitten im Weg liegenden Noa hat man komplett übersehen. Innerhalb von 20 Sekunden nach dem Erwachen findet der einzige Überlebende a) ein Pferd, b) einen Adler und c) eine Waffe. Das ist einfach nur Faulheit beim Drehbuchschreiben.
 
Im Film verwenden die bösen Affen elektrische Lanzen, mit denen man Elektroschocks austeilen kann. Das ist das einzige Stück Technologie aus prä-apokalyptischer Zeit, das die Affen reaktivieren konnten oder wollten. Nicht Schusswaffen, nicht Kraftfahrzeuge, nicht Bewässerungsanlagen, nicht elektrisches Licht oder anderes. Nein, Elektroschocklanzen sind das einzige funktionierende Relikt alter Technologie. Warum ausgerechnet Elektroschocklanzen? Warum nicht Zauberwürfel, Rasenvertikutierer, Soft-Ice-Maschinen oder elektrische Salzmühlen? Keine Ahnung.
 
Ein wichtiges Handlungselement des Films ist es, dass die Menschen im Laufe der Generationen die Fähigkeit zum Sprechen verlorenen haben. Aber nicht alle. Während manche Menschen, wie im Original von 1968, verwildert sind (aber trotzdem noch, ebenso wie 1968, Lendenschurze und selbstgebastelte Bikinis tragen), können andere noch sprechen, lesen, technische Geräte benutzen und haben – im Falle der menschlichen Hauptfigur – eine Bezugsquelle für der Figur schmeichelnde Hosen und Tanktops. Na, was denn nun?
 
Die verwilderten Menschen, die nicht mehr sprechen können, sind natürlich eine Reminiszenz an das Original von 1968. Aber bereits damals hat das keinen rechten Sinn ergeben. Natürlich verändert sich die Sprache der Menschen im Laufe von Jahrhunderten (Jahrtausenden?). Aber schon 1968 konnte man nicht erklären, warum die Menschen die Fähigkeit zum Sprechen verloren haben. 2024 liefert Josh Friedman eine halbgare Erklärung, die keinerlei Sinn ergibt und auch innerhalb der Handlung gar nicht funktionieren kann.
 
Es ist schwer festzustellen, ob die vielen Bezüge zum Original von 1968 Anzeichen für Friedmans Faulheit oder für seine Einfallslosigkeit sind. Eine weitere Reminiszenz, die sprechende Menschenpuppe ergibt hier keinen Sinn und trägt nichts zur Handlung bei, weil in diesem Film alle Affen längst über die Vergangenheit der Menschen Bescheid wissen. Und eine Sequenz, in der verwilderte Menschen wie 1968 von den bösen Affen gejagt werden, ergibt auch keinen Sinn, weil die bösen Affen ohnehin bereits andere Affen versklavt haben und keine Menschen als Nutztiere brauchen.
 
Wie groß der Anteil der Affen-Darsteller*innen wie Owen Teague („ES“, „ES: Kapitel 2“), Kevin Durand („Abigail“) Peter Macon und anderen an der großartigen Wirkung ihrer Darstellungen ist und wie dankbar sie ihren „digitalen Maskenbildnern“ sein müssen, ist für uns als Publikum schwer zu sagen. Auf jeden Fall hat man Affen im Kino noch nie so realistisch und emotional agieren sehen, wie in diesem Film.
 
Das ist auch besser so, weil die Leistungen der „menschlichen“ Darsteller*innen den Kauf eines Tickets kaum lohnen würden. William H. Macy („Fargo“, „Magnolia“) spielt eine dieser erbärmlichen Figuren, wie er sie bereits ein paar Dutzendmal gespielt hat. Bloß noch nie so langweilig und uninspiriert. Wenn ein Könner wie William H. Macy unter seiner Regie nicht mehr zu leisten vermag, ist Wes Ball vielleicht eher ein technischer Regisseur als einer, der zusammen mit Schauspieler*innen an deren Darstellungen arbeitet.
 
Diese Vermutung verstärkt sich noch, wenn man der „menschlichen Hauptdarstellerin“ bei der Arbeit zusieht. Freya Allan hat in „Gunpowder Milkshake“ keinerlei Eindruck hinterlassen. Und das Gleiche gilt auch für ihre erste Hauptrolle. Ihr gesamte darstellerische Leistung besteht darin, mit den Affen mitzulaufen, manchmal mit ihnen zu sprechen und ein oder zweimal traurig dreinzuschauen. Zwei von drei Kellnerinnen in jedem beliebigen Restaurant in Los Angeles hätten diese Rolle ebenso gut gespielt.
 
Fazit
 
„Planet der Affen: New Kingdom“ bietet einen herrlichen Look und fantastische visuelle Effekte. Das Drehbuch ist kaum der Rede wert. Dessen Schwächen und die der „menschlichen“ Darsteller*innen werden von den Affen, der Action und dem allgemein hohen Produktionsniveau leicht überspielt.
 
 
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