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*** Candyman ***

 
dfdh kritik
 
Autor: Christopher Diekhaus
 
Schauerexperte Jordan Peele macht’s möglich: Die legendäre Schreckgestalt Candyman feiert ihr Comeback in einem Horrorfilm, der sein Publikum nicht nur gruseln, sondern ihm auch etwas auf den Weg mitgeben will.
 
Afroamerikanische Perspektive
 
Wer fünf Mal seinen Namen vor dem Spiegel sagt, ruft den rachsüchtigen Candyman herbei, jenen Schlitzer mit der Hakenhand, der in Bernard Roses gleichnamigem Kultstreifen aus dem Jahr 1992 Angst und Schrecken im Chicagoer Problemviertel Cabrini-Green verbreitet. Eine von Virginia Madsen gespielte Doktorandin geht hier urbanen Sagen auf den Grund und kommt dem von Tony Todd verkörperten Gruselwesen näher, als ihr anfangs lieb ist. Das Grauen des Rassismus wird bei ihren Nachforschungen immer mal wieder gestreift. Der ursprüngliche „Candyman“ erzählt aber vor allem von einer oft nicht richtig ernstgenommenen Frau, die von ihrem Partner betrogen wird, am Ende aber einen ungewöhnlichen Emanzipationsakt hinlegt.
 
Jordan Peele, der sich durch seine Regiearbeiten „Get Out“ und „Wir“ den Ruf eines neuen Horrormaestros erworben hat, schließt an den modernen Klassiker mit einem frischen Blickwinkel an. „Candyman“ anno 2021 ist, anders als es der Titel nahezulegen scheint, kein Remake, sondern eine Fortsetzung im Geiste des Originals, die die Geschehnisse aus den bereits existierenden Sequels „Candyman 2 – Die Blutrache“ und „Candyman 3 - Der Tag der Toten“ ignoriert.
 
 
Statt einer weißen Wissenschaftlerin steht nun ein schwarzes Paar im Mittelpunkt, das sich eben dort eine luxuriöse Wohnung geleistet hat, wo früher die Hochhaustürme des größtenteils afroamerikanisch geprägten Brennpunktes Cabrini-Green emporragten. Topausgestatte, kernsanierte Objekte haben inzwischen die meisten Spuren des früheren Sozialbaukomplexes verwischt. Einzig ein paar heruntergekommene Häuser erinnern noch an die Vergangenheit des Bezirkes, der nun von aufstrebenden, gebildeten, künstlerisch interessierten Menschen überschwemmt wird.
 
Eine Beschreibung, die auch auf den Maler Anthony (Yahya Abdul-Mateen II) und seine Freundin Brianna (Teyonah Parris) zutrifft. Ihr Leben ist relativ sorglos. Als der junge Mann jedoch beschießt, seine kreative Blockade zu durchbrechen und endlich wieder etwas zu erschaffen, hält er in den Ruinen von Cabrini-Green nach Inspirationen Ausschau.
 
Der alteingesessen Bewohner William Burke (Colman Domingo), dem er auf seinem Streifzug zufällig über den Weg läuft, weiß einiges über den sagenumwobenen Candyman zu berichten, den er als kleiner Junge in einem gemeinschaftlichen Waschkeller gesehen hat. Anthony lässt die legendäre Gestalt nicht mehr los. Und so wirft er sich mit übertrieben großem Eifer in die Arbeit. Das Ergebnis sind immer düsterere Bilder, die plötzlich das Interesse der Öffentlichkeit und der Fachwelt wecken, nachdem es im Umfeld des Künstlers zu grausamen Morden gekommen ist.
 
Horrorroutine
 
Mit nur zwei Filmen gelang es Jordan Peele, sich selbst in eine Art Marke zu verwandeln. In die Knochen kriechenden, satirisch angehauchten Horror mit sozialkritischen Untertönen hat der als Komiker bekannt gewordene New Yorker wieder salonfähig gemacht und zahlreiche Nachahmer auf den Plan gerufen. Der neue „Candyman“, bei dem er „nur“ als Produzent und Mitautor im Boot saß, thematisiert, einmal mehr, den Graben zwischen Schwarz und Weiß, die leidgeplagte Unterdrückungsgeschichte der Afroamerikaner und die selbst heute häufig fehlende Anerkennung und Gleichberechtigung. Zusätzlich beleuchten Peele, Regisseurin Nia DaCosta („Little Woods“) und Win Rosenfeld, die zusammen das Skript schrieben, das in immer mehr Großstädten fußfassende Phänomen der Gentrifizierung und werfen, zumindest kurz, die Frage auf, ob nicht auch Anthony und Brianna Treiber dieses Trends zur Luxussanierung sind, der auf dem Rücken von mittellosen Menschen ausgetragen wird.
 
01 ©2021 Universal Pictures02 ©2021 Universal Pictures03 ©2021 Universal Pictures04 ©2021 Universal Pictures
 
Unübersehbar möchte der Film Denkanstöße liefern und in Wunden bohren. Das Drehbuch schafft es aber nicht immer, erzählerischen Anspruch und Horrorerfordernisse sinnvoll zu verbinden. Mehr als einmal treten Unebenheiten zu Tage. So fragt man sich, warum Briannas Backstory angerissen wird, wenn sie doch irgendwann unter den Tisch fällt. Seltsam austauschbar erscheint auch eine Szene, in der eine Gruppe Teenagerinnen in einer Schultoilette vom Antagonisten niedergemetzelt wird. Die Ungenauigkeiten kulminieren schließlich in einem arg gerafften letzten Drittel, das seine mögliche Verstörungskraft nicht ganz entfalten kann.
 
Die Schockmomente und Candyman-Auftritte setzt DaCosta solide um. Raffinierte, unvorhersehbare Ideen sucht gerade der horrorerprobte Zuschauer allerdings vergeblich. Ein dickes Lob verdienen sich die Macher auf jeden Fall dafür, wie sie die Hintergrundgeschichte der Schreckgestalt aus dem Rose-Film aufgreifen und um einige spannende Merkmale erweitern. Nicht unerwähnt bleiben darf ein optisches Gestaltungsmittel, das wiederholt für Gänsehaut sorgt. Ab und an vermittelt der Film die niederschmetternden Erfahrungen schwarzer Menschen nämlich in Form eines Schattenspiels mit Papierfiguren. Diese Aufnahmen sind unheimlicher als die eigentlichen Gruselmomente.
 
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Fazit
 
Rassismus und Gentrifizierung verhandelnder Horrorthriller, der interessante Akzente setzt, sich zuweilen aber auch verstrickt und gerade gegen Ende etwas mehr Sorgfalt hätte walten lassen müssen.
 
 
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