Manche Lebensgeschichte ist interessanter als das, womit der Betreffende erfolgreich wurde. Bei Schriftstellern muss es aber schon ein sehr außergewöhnliches Leben gewesen sein, damit sich daraus eine spannende Narrative stricken lässt. Denn daran scheitert TOLKIEN, der eben nicht sehr viel mehr als das Leben eines angehenden Professors hat, der sich verliebt.
Liebe und Krieg
Nach dem Tod seiner Mutter kommen John Ronald Reul Tolkien (Nicholas Hoult) und sein Bruder auf Vermittlung eines Priesters zu einer Familie, in der sie aufwachsen können. An der neuen Schule lernt Tolkien Freunde fürs Leben kennen, aber nicht alle werden lange leben. Denn der Erste Weltkrieg beginnt und Tolkien und seine Freunde müssen auch auf den europäischen Schlachtfeldern kämpfen. An der Somme entscheidet sich ihr Schicksal.
Tolkien ist aber auch verliebt – und zwar in Edith Bratt (Lily Collins). Aber er muss sich zwischen ihr und einem Studium in Oxford entscheiden. Später dann stellt er sich die Frage, ob es die richtige Entscheidung war. Aber vielleicht hält das Schicksal zumindest in der Beziehung für Tolkien ein Happy End parat.
Eine trockene Angelegenheit
Hart gesagt, gibt Tolkiens Leben nicht genug für einen abendfüllenden Film her. Sicherlich hat er mit „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ große Werke geschrieben und mit Mittelerde eine ganze Welt mit eigener Historie und eigenen Sprachen entwickelt, aber das lässt sich natürlich kaum in einen Film übertragen. Man versucht es dennoch, indem man auf dem Schlachtfeld an der Somme aus einem Flammenwerfer einen Drachen werden lässt. Geradeso, als ob Tolkien diese Vision gehabt hätte. Oder aber, als ob die Flammenwerfer ihn so beeindruckt hätten, dass er sie später als Drachen verarbeiten musste.
Es kann funktionieren, dass man Elemente aus den fiktiven Erzählungen einbaut, aber dann müssen sie auch eine echte Bedeutung haben. Das klappte bei „Professor Marston und die Wonder Women“ sehr gut, weil das Leben des Wonder-Woman-Erfinders von Fetischen geprägt war, die auch in seine Comics einflossen. Bei Tolkien werden seine Erfahrungen und Erlebnisse auch eingeflossen sein, man kann sich aber weniger stark darauf fokussieren. So bleibt unterm Strich nur eine halbgare Romanze, bei der man sowieso schon weiß, wie sie ausgehen wird – zumindest dann, wenn man sich kurz mit Tolkiens Lebenslauf auseinandergesetzt hat.
Schöne Ausstattung
TOLKIEN ist eine recht dröge Angelegenheit. Spannend ist hier nichts, die Erzählung läuft zu oft ins Leere. Das ist insbesondere schade, weil die Besetzung durch die Bank ausgesprochen gut ist. Auch ausstattungstechnisch kann der Film in jeder Beziehung punkten. Er sieht einfach gut aus und erweckt das England vergangener Tage gelungen zum Leben.
Auch die Chemie zwischen Nicholas Hoult und Lily Collins stimmt, nur leider springt bei der Geschichte an sich der Funke nicht über. TOLKIEN ist nie mehr als ein ziemlich lebloses Stück Biopic, das mit dem Problem zu kämpfen hat, dass gerade dieses Leben so viel Dramatik nicht bietet. Zumindest nicht genug für eine den Zuschauer packende Geschichte.
Fazit
TOLKIEN ist in erster Linie etwas für ganz große Fans des Schriftstellers, die dessen Werk, aber auch sein Leben in allen Einzelheiten kennen und Details daraus in belebter Form sehen wollen. Das ist durchaus hübsch anzusehen, hat nur inhaltlich recht wenig zu bieten.
Das ist nicht der Fehler des Films, es ist, wenn man so will, der Fehler des entsprechenden Lebens, denn das war recht normal – nur dass dieser Professor eben auch ein unsterbliches literarisches Stück erschaffen hat, das ihn noch lange überdauert. Ohne das hätte es für diesen Film gleich gar keinen Grund gegeben, überhaupt zu existieren. Der Ausstattung und der guten Schauspieler wegen kann man einen Blick riskieren, im Kino muss das aber wirklich nicht sein.