Paddington Brown, der peruanische Bär in London, ist wieder im Kino. Und das wird vor allem Kinder freuen.
Bärenstarke Geschichte
Es gibt Kinderbücher, die wunderbar für Kinder geeignet sind, deren wahre Qualität man aber trotzdem erst ganz würdigen kann, wenn bereits man erwachsen ist. Die Bücher von Roald Dahl kommen einem da in den Sinn. Dann gibt es Kinderbücher, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen unterhalten können.
Dazu gehören viele Märchen aus aller Welt, nicht nur die der Brüder Grimm oder die von Wilhelm Hauff. Und dann gibt es Kinderbücher, die für Erwachsene ohne Kinder nur noch bedingt interessant sind. Michael Bonds Bücher rund um den Bären Paddington Brown gehören doch eher in diese Kategorie. Und auch der Film wird Kindern im Vorschulalter viel Spaß machen. Für Erwachsene ohne Kinder laufen zurzeit interessantere Filme im Kino. Dabei hätte man aus diesem Kinderfilm durchaus auch einen Familienfilm machen können. Dafür hätte man sich aber zunächst mal ein bisschen mehr Mühe mit dem Drehbuch geben müssen.
Die Geschichte spielt in einer Kinderbuchfantasiewelt. Die Browns fahren zwar einen nagelneuen Volvo, leben aber ansonsten im sehr frühen zwanzigsten Jahrhundert. Die Tochter schreibt ihre eigene Zeitung und druckt diese auf einer alten Druckerpresse. Der Sohn interessiert sich für Dampflokomotiven. Diese beiden Teenager haben noch nie von mobiler Telekomunikation gehört. Einmal versucht der Sohn sich modern zu geben. Modern war dieser Look aber zuletzt 1989. Die Mutter läuft herum als würde sie sich immer im Dunkeln anziehen. Eine Liebesgeschichte in der Nachbarschaft wirkt wie ein nachträglicher Einfall.
Hier tanzt der Bär …
Die Animation ist sicher nicht schlecht. Und Kinder werden sicher wieder mitfiebern, wenn der kleine Bär durch London flitzt. Aber gerade in den letzten Jahren haben wir jede Menge Tiere, Aliens und andere CGI-Wesen gesehen, die einfach sehr viel besser generiert waren.
Paddington ist ja sehr agil. Sein Fell bewegt sich aber einfach nicht richtig. Und sein Ausdruck ist auch begrenzt. Während einer Verfolgungsjagd reitet der Bär dann auf einem irischen Wolfshund. Offensichtlich hatte man hier die falsche Software programmiert. Der computergenerierte Hund läuft nämlich nicht wie ein Hund, sondern galoppiert wie ein Pferd. Es gibt Gründe, warum z.B. die Künstler bei DreamWorks einen echten Esel als Vorlage hatten, als sie damals Shreks Freund entwickelt haben.
… und wer tanzt mit?
Die Besetzungsliste liest sich wie ein Auszug aus dem „who-is-who“ des britischen Films. Aber was haben die Macher des Films aus diesem Aufgebot gemacht? Sally Hawkins ist eine unverwechselbare und wunderbar vielseitige Schauspielerin. Das hat sie erst kürzlich in „Maudie“ gezeigt. Hier hat sie leider nicht viel zu tun.
Jeder Filmproduzent auf der Welt sollte Brendan Gleesons Nummer im Kurzwahlspeicher haben. Es gibt nichts, was der Mann nicht spielen kann. Priester, Gangster, Millionäre, Obdachlose, … egal was. Kindertheater ist vielleicht nicht seine Kernkompetenz.
Wie herrlich subtil hat Hugh Grant den alternden erfolglosen Schauspieler in „Florence Foster Jenkins“ gespielt. Hier gibt er dem Bären zwar keine Marmelade, aber dafür dem Affen reichlich Zucker. Schnell lässt er die Grenze zwischen Kindertheater und Overacting hinter sich.
Mr. Gruber stammt in den Büchern aus Ungarn. Jim Broadbent trägt in dieser Rolle Joel Greys alten Akzent aus „Cabaret“ auf.
Julie Walters hat die Rolle der resoluten alten Dame mit dem Herzen aus Gold sicher schon zwanzig Mal gespielt. Ihre Besetzung ist als würde man Vin Diesel eine Rolle geben, in der er schnelle Autos fahren und ein knappes T-Shirt tragen muss.
Aus Peter Capaldis Rolle als bärenfeindlicher Kommandant der Nachbarschaftswache hätte man in diesen Zeiten mehr machen können. Viel mehr. Aber die Drehbuchautoren wollten wohl nicht.
Fazit
Der zweite Film rund um den peruanischen Bären in London hat viel von den Marmeladenbroten die der Titelheld so sehr mag. Viele Kinder mögen diese süßen, klebrigen Dinger. Solange die richtige Geschmacksrichtung draufgeschmiert wurde, ist ihnen die Qualität nicht so wichtig.
Der Geschmack der meisten Erwachsenen hat sich im Laufe der Zeit aber doch weiter entwickelt und verfeinert. Daher ist es uns nicht ganz egal, ob die Marmelade beim Discounter oder am Bauernmarkt gekauft wurde. Oder ob sie auf billiges Toastbrot oder einen frischen Kornspitz gestrichen wurde. Andererseits wenn einem das eigene Kind das tropfende Brot in den klebrigen kleinen Händen hinhält, nimmt man dann doch auch einen Bissen.