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*** The Northman ***

 
dfdh kritik
 
Autor: Christian Klosz
 
Historische Monumentalfilme erfreuen sich seit jeher großer Beliebtheit beim Kinopublikum: Man denke an Klassiker wie "Spartakus" oder "Ben Hur" oder an neuere Werke wie "Gladiator". Cineastische Reisen welche die Vergangenheit bedienen nicht nur die Sehnsucht nach Eskapismus, sondern können auch Erkenntnisse für die Gegenwart bereithalten, insbesondere wenn zeitlose Fragen behandelt werden.
 
Selbiges gilt auch für fantastische Abenteuerfilme wie "Der Herr der Ringe", denen es gelingt, eigene Welten voller Mythen und Legenden zu kreieren, die den Zuschauer mit sich reißen.
 
An dieser Schnittstelle aus Historienfilm und übersinnlichem Fantasieepos positioniert sich "The Northman", der neue Film von Robert Eggers, der bisher mit Werken wie "The VVitch" und zuletzt "The Lighthouse" von sich reden machte. Die Verwandtschaft der drei Filme ist auf den ersten Blick erkennbar: Hier wie da rekonstruiert der Regisseur eine vergangene Epoche, äußerst detailreich und geradezu "physisch erfahrbar", aber auch stilistisch überhöht. Es geht ihm weniger um die realitätssgetreue Abbildung, sondern vielmehr um die immersive und emotionale Erfahrung, über die so etwas wie "atmosphärische Wirklichkeit" vermittelt werden soll.
 
 
Die "Hamlet"-Sage in neuem Gewand
 
Doch wovon handelt der Film eigentlich? Eggers lässt sich von nordischen Wikinger-Sagenstoffen inspirieren und erzählt die Geschichte von König Aurvandil (Ethan Hawke), der 895 verwundet von einer Schlacht in sein Reich zurückkehrt. (Diese Erzählung ist übrigens auch die Grundlage der "Hamlet"-Sage.) Vor seinem Tod will der Herrscher seine Macht an seinen 10-jährigen Sohn Amleth (Alexander Skarsgard) übergeben, der in einem Initiationsritus auf seine Aufgabe vorbereitet wird. Doch Aurvandils Halbbruder Fjölnir (Claes Bang) hat andere Pläne: Er tötet den König, um selbst den Thron zu besteigen. Amleth kann entkommen, während Fjölnir Königin Gudrun (Nicole Kidman) zur Frau nimmt und so der neue Herrscher ist. Amleth schwört, seinen Vater zu rächen und seine Mutter zu befreien.
 
Jahre später - aus Amleth ist inzwischen ein kräftiger Krieger geworden - erinnert ihn eine Seherin an sein eigentliches Schicksal, das er selbst beinahe vergessen hat. Fjölnir soll inzwischen aus seinem eigenen Königreich vertrieben worden sein und sich in Island niedergelassen haben. Amleth begibt sich unerkannt auf ein Sklavenschiff, das seinem Onkel neue Arbeitskräfte bringen soll, um so seinen Racheplan in die Tat umzusetzen...
 
Atmosphäre statt Erzählung
 
"The Northman" hat mehrere Qualitäten: Hervorstechend ist - wie bereits bei seinen anderen Filmen - Eggers Talent für Atmosphäre und "Stimmung": Der Film ist eher auf dieser direkten, emotionalen Ebene erfahrbar als über die Dramaturgie oder die Erzählung an sich. Dazu beitragen tut auch der rauschende, dröhende Soundtrack, der selbst als "erzählendes Mittel" fungiert und so ebenfalls an "The Lighthouse" erinnert. Insofern ist das Werk auch verwandt mit Nicolas Winding Refns "Walhalla Rising" (wenngleich der noch um einiges abstrakter ist).
 
01 ©2022 Universal Pictures02 ©2022 Universal Pictures03 ©2022 Universal Pictures04 ©2022 Universal Pictures
 
Obwohl die Geschichte, die Figuren und die von ihnen verörperten "Ideale" und Vorstellungen an vergleichbare Historienepen erinnern, hat der Film auch einen gewissen "Arthouse-Touch", der ihn etwa von "Gladiator" oder "Der Herr der Ringe", aber auch von Serien wie "Valhalla" abhebt, die am Ende doch vor allem unterhaltsames Popcornkino/serie für ein breites Publikum sind. "The Northman" ist zäh, die Handlung schreitet nur langsam voran und als Zuschauer braucht man nicht wenig Geduld, die Aufmerksamkeit stets hochzuhalten. Ein "Kassenschlager" wird der Film wohl eher nicht werden, für Kinofreunde mit gewissem Anspruch ist er aber durchaus ergiebig.
 
Die Darsteller machen ihre Sache durchwegs gut: Skarsgard als muskelbepackter Racheengel nimmt man seine Wut und Verzweiflung jederzeit ab, Nicolde Kidman überzeugt als durchtriebene Königin Gudrun, die stets ihre eigenen Interessen im Sinn hat und Anya Taylor-Joy mimt glaubwürdig Amleths Geliebte Olga, die seine Nachkommen gebären wird. Eine positive Überraschung ist zudem der Däne Claes Bang, der bislang eher selten in so großen, internationalen Produktionen zu sehen war. Auch Willem Dafoe - in "The Lighthouse" noch Hauptdarsteller -, bekommt seinen Kurzauftritt als "Hofnarr" Heimir. Diese Rolle wird aber eher wie eine Karikatur seiner Figur aus Eggers letzten Film und wie ein "Gelegenheits-Cameo", der eher nervt als überzeugt.
 
Eine zeitlose Geschichte von Barbarei - und Heldenmut
 
Im Kern ist "The Northman" eine Geschichte um Glauben und das Schicksal, das Lebenswege unveränderlich vorzeichnet und bestimmt: Amleth versucht zwar, dem seinen zu entkommen, doch nicht zuletzt "übersinnliche Kräfte" bringen ihn auf den ihm vorbestimmten Pfad zurück, den er vollenden muss.
 
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Auch erzählt der Film von einer Zeit der absoluten Barbarei, in der Mord, Totschlag, Sklaverei, Gewalt, Rache und geradezu "animalische Instinkte" den Alltag der Menschen bestimmten und kennzeichneten - eine Zeit, die auf den ersten Blick wenig mit unserer Gegenwart zu tun hat. Ein Blick in die Ukraine erinnert uns aber schnell, dass ebenjene Barbarei jederzeit in unsere Leben zurückkehren kann und es eine stetige zivilisatorische Aufgabe ist, ihrer Herr zu werden. Und dass es auch in solchen Zeiten - und gerade dann - Heldenmut und Tapferkeit braucht, um Menschlichkeit und Hoffnung (über)leben zu lassen.
 
Fazit
 
Mit "The Northman" zeichnet sich Regisseur Robert Eggers erneut als Filmautor mit eigener Vision und Handschrift aus. Wenngleich die inhaltlichen und erzählerischen Aspekte mit den ästhetischen und handwerklichen nicht immer ganz mithalten können, ist der Film ein sehenswertes Historienepos geworden, das durchaus dazu in der Lage ist, das Publikum in seinen Bann zu ziehen.
 
 
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