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Kritik: Babylon: Rausch der Ekstase

cjane kritik
 
Autor: Peter Osteried
 
Damien Chazelle hat sich eine echte eigene Nische in Hollywood erarbeitet. Er dreht im Grunde Filme, die dem Independent-Gedanken folgen, die mehr von der Geschichte, als vom Spektakel leben, die etwas zu sagen haben. Aber er tut das mit großen Budgets und mit einer Vielzahl von Stars. Seitdem er den Oscar als bester Regisseur for LA LA LAND bekommen hat, hat er im Grunde die Freiheit zu tun und zu lassen, was er will. Diese hat er nun in BABYLON umgesetzt.
 
Vom Stumm- zum Tonfilm
 
Erzählt wird die Geschichte gleich mehrerer Figuren. Nellie Le Roy (Margot Robbie) wird zum Star, kommt damit aber nicht zurecht. Jack Conrad (Brad Pitt) wird alt und verliert die Gunst der Studios. Der schwarze Sidney Palmer wird ein Star, muss aber seinen Stolz hinunterschlucken, die asiatisch stämmige Fay Zhu geht auch unter, und der aus Mexiko stammende Manny (Diego Calva) schafft es, als Produzent eine große Nummer zu werden.
 
All das in der Zeit von 1926 bis 1932 mit dem Wechsel vom Stumm- zum Tonfilm, mit der Dekadenz und der Ausgelassenheit und der Zügellosigkeit Hollywoods, aber immer auch mit dem Damoklesschwert der Moral, die über den Sündenpfuhl hereinbrechen wird.
 
 
Ein Misserfolg
 
Angekündigt wurde der Film im Juli 2019. Damals gab Chazelle bekannt, dass er ein Period-Drama zu Zeiten des Golden Age in Hollywood drehen wollte. Das Skript zu seinem jetzt mehr als drei Stunden langen Film verfasste er auch gleich selbst.
 
Verschiedene Studios zeigten Interesse. Problematisch war anfangs, dass das Budget auf 80 bis 100 Millionen Dollar geschätzt wurde. Chazelle überarbeitet das Skript also, um die Budgetplanung niedriger gestalten zu können, woraufhin sich einige Studios überboten, um den Film für sich an Land zu ziehen. Paramount sicherte sich schließlich die weltweiten Vertriebsrechte. Die Rechnung ging nicht auf. Nach einem verheerenden Startwochenende mit nur drei Millionen Dollar Einspiel entwickelt sich BABYLON zum Millionengrab.
 
Von Anfang an war klar, dass Brad Pitt mitspielen würde. Er agiert in einer Rolle, die auf Basis des Schauspielers und Regisseurs John Gilbert entstanden ist. Auch Emma Stone sollte dabei sein, musste dann aber wegen terminlicher Probleme absagen, weswegen Margot Robbie zum Zug kam.
 
01 ©2023 Paramount Pictures02 ©2023 Paramount Pictures03 ©2023 Paramount Pictures04 ©2023 Paramount Pictures

Zu lang oder genau richtig?
 
An BABYLON, dessen Titel erst nach einer halben Stunde eingeblendet wird, scheiden sich die Geister. Die einen bejubeln Damien Chazelle, die anderen sehen den Film als überlange Monstrosität an. Die Wahrheit liegt tatsächlich irgendwo dazwischen. Chazelle zieht den Zuschauer mit einer absurden Szene ins Geschehen, dann schweift er ab in die Dekadenz des Hollywoods, wie es vor Einsetzen des Hays Codes im Jahr 1934 war, als der Anstand und die Moral auf die Leinwand einzogen. Aber dann strauchelt der Film auch immer wieder.
 
Neben großartigen Momenten, die den Unterschied aufzeigen zwischen der chaotischen und der extrem kontrollierten Produktionsweise von Stumm- und Tonfilmen, gibt es auch immer wieder die Abschweifungen. Ein kompletter Handlungsstrang zum Ende des Films dreht sich um einen opiumsüchtigen Gauner, dem Nellie Le Roy Geld schuldet. Tobey Maguire spielt die Figur elektrisierend, aber das Abtauchen in den Hollywood-Underground mit seinen sexuellen und gewalttätigen Abschweifungen erinnert dann eher an einen Horrorfilm. Denn die Dekadenz jener Zeit hatte Chazelle schon vorher sehr gut herausgearbeitet.
 
Die gesamte Maguire-Sequenz könnte man aus dem Film entfernen – er würde dadurch stärker. So mäandert er immer wieder mal, und ist doch faszinierend, weil es vielleicht auch gerade Chazelles prätentiöse Herangehensweise und sein wilder Ansatz, das Ganze so episch, wie nur möglich, sind, die den Reiz ausmachen.
 
Er zeigt Archetypen der Figuren jenes Hollywoods, die nicht nur in der Frühzeit von der Filmmaschinerie aufgefressen und wieder ausgespuckt wurden. Zugleich ist er dann in seiner Symbolik ungemein plump – etwa am Ende, wenn die Hauptfigur im Kino Tränen vergießt. Da haben wir als Zuschauer längst verstanden, dass der Traum von Hollywood auf den Tränen seiner Träumer errichtet worden ist. Manchmal ist weniger mehr, so wie der Bilderrausch am Ende, der Ausschnitte aus den folgenden Dekaden Hollywoods zeigt.
 
Fazit
 
Ein großer, ein wuchtiger Film, der in seinen besten Momenten Hollywood in seiner Schonungslosigkeit zeigt, aber auch ein Gefühl dafür gibt, wie sich der Film mit dem Wechsel zum Ton verändert hat. Ein Erfolg ist BABYLON nicht und von der Kritik wurde er auch halbherzig aufgenommen, aber dies könnte die Art Film sein, die in einigen Jahren eine ganz neue Wertschätzung erfährt.
 
 
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