*** Die Verlegerin ***

 
verlegerin kritik
 
Autor: Walter Hummer
Steven Spielbergs neuer Film kommt genau zur richtigen Zeit. Zum einen beschreibt er, was passiert, wenn eine Regierung bestimmen will, welche Fakten die Öffentlichkeit erfahren darf und welche nicht. Zum anderen sehen wir endlich wieder mal, was für eine großartige Schauspielerin Meryl Streep sein kann, wenn sie mit dem richtigen Regisseur zusammenarbeitet.
 
„Die Presse soll den Regierten dienen, nicht den Regierenden“
 
Steven Spielbergs neuer Film erzählt gleich zwei Geschichten.
 
Die Geschichte um die Veröffentlichung der „Pentagon Papiere“ ist ein Polit-Thriller. Bereits 1965 hatte der damalige Verteidigungsminister der USA, Robert McNamara, eine siebentausend-Seiten-starke Analyse in Auftrag gegeben, wie vier verschiedene US-Regierungen die Öffentlichkeit über einen Zeitraum von zwanzig Jahren über die amerikanische Politik in Vietnam belogen haben. 1971 veröffentlicht die New York Times Auszüge aus dieser Analyse. Die Regierung unter Richard Nixon lässt weitere Veröffentlichungen sofort unter Strafandrohung verbieten.
 
Die Geschichte um die Herausgeberin der Washington Post, Kay Graham, ist ein Sozialdrama. Graham (Mery Streep) stammt aus reichem Hause und kannte mehrere US-Präsidenten persönlich. Sie hatte keinerlei Berufserfahrung bevor sie die Leitung der Zeitung von ihrem verstorbenen Mann übernommen hat. Im Film wird uns schnell gezeigt, dass Frauen in Führungspositionen damals nicht nur eine Seltenheit waren. Die Männer nehmen die Frau in ihrer verantwortungsvollen Position gar nicht ernst. Während einer Konferenz, auf die sich Graham bestens vorbereitet hat, muss einer der männlichen Mitarbeiter ihre Argumente vortragen, damit die anwesenden Männer diese zur Kenntnis nehmen. Auf einer Party verlässt die Herausgeberin einer Tageszeitung ganz selbstverständlich zusammen mit den anderen Ehefrauen den Tisch, als die Herren sich ernsten Themen wie Politik zuwenden.
 
Diese beiden Geschichten laufen zusammen, als Kay Graham entscheiden muss, ob ihre Zeitung über die „Pentagon Papiere“ berichten soll, obwohl die Regierung mit langen Haftstrafen wegen Hochverrats droht. Für Ihren Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) liegt der Fall klar: es gilt die Pressefreiheit zu verteidigen. Aber Kay Graham muss auch an das Schicksal der Zeitung und ihrer Mitarbeiter denken.
 
„Let’s go. Let’s do it.”
 
Spielberg ist sicher einer der profiliertesten und professionellsten Regisseure unserer Zeit. Kameraführung, Schnitt, Filmmusik und andere wichtige Elemente dieses Films funktionieren tadellos. Alle Aspekte greifen wie ein perfektes Getriebe ineinander. Nur manchmal fragt man sich, warum Spielberg den größeren Teil des Filmes als Politthriller inszeniert? Nur selten bekommt das Drama um die Entwicklung von Kay Graham genug Raum. In einer wunderbaren Szene öffnet sich die Verlegerin ihrer Tochter (Alison Brie). In einer anderen Szene bezieht sie endlich Position und erklärt einem Mitglied des Vorstands, wer tatsächlich welche Verantwortung zu tragen hat.
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Meryl Streep hat in den letzten Jahren vor allem mit Regisseuren zusammengearbeitet, die dieser Grande Dame von Hollywood wenig entgegenzusetzen hatten. So hat sie mittelmäßige Leistungen in Filmen wie „Couchgeflüster“ und „Wenn Liebe so einfach wäre“ gezeigt. Oder sie hat übertrieben, wie in „Die Eiserne Lady“. Oder sie hat komplett übertrieben wie in „Mamma Mia“. Hier zeigt sie wahrhaft große Schauspielkunst. Ohne Meryl Streep bekämen wir einen hochwertigen Thriller zusehen, der uns kaum emotional berühren würde. Wenn Meryl Streep ihren alten Freund, den ehemaligen Verteidigungsminister fragt, wie er ihren Sohn und die Söhne abertausender anderer Mütter in einen aussichtslosen Krieg schicken konnte, bekommen wir zu spüren, wie ein Leben auf den Kopf gestellt wird.
 
Tom Hanks spielt den Chefredakteur Ben Bradlee als Mann mit klaren Grundsätzen. Seine Figur stellt die eigene Haltung niemals in Frage und macht daher keine echte Entwicklung durch. Das ist schade und gibt einem großen Schauspieler nicht viel mehr zu tun, als Kommandos in den Redaktionsraum zu rufen und mit verschränkten Armen dazustehen.
 
Bob Odenkirk, bekannt als Anwalt aus „Breaking Bad“, spielt den Reporter Ben Bagdikian. Er ist der einzige Reporter, den wir bei der Arbeit sehen dürfen. Er scheint sich auch als einziger Gedanken über die Konflikte zu machen. Am Ende hätten wir von ihm gerne mehr gesehen.
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Bruce Greenwood spielt zum zwölfundsiebzigsten Mal in seiner Karriere einen Politiker. In seinen wenigen Szenen als Robert McNamara erkennen wir, wie die Politik ganz selbstverständlich Einfluss auf die Fakten nimmt.
 
Fazit
 
In einer Zeit, in der Politik ganz offen auf der Grundlage „alternative Fakten“ gemacht wird und in der noch immer bloß eines von fünf börsennotierten Unternehmen überhaupt Frauen im Vorstand sitzen hat, ist „Die Verlegerin“ ein wichtiger Film. Dank Meryl Streep ist es auch ein berührender Film geworden.
 
 
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