Rührend ist vor allem eine Szene, in der Schuierer sich von einem Mitstreiter verabschiedet, der aus politischen Gründen entfernt wurde. Die beiden Männer, die so viel zusammen erlebt haben, kommen bis zum Ende nicht auf die Idee einander zu duzen. Und eine Umarmung, die in der Situation beiden guttäte, kommt für Männer, deren Kindheit während des zweiten Weltkriegs stattgefunden hat, natürlich gar nicht infrage.
Dauerhafte Belastung
Einige Kleinigkeiten trüben das Gesamtbild. Die anachronistischen Bücher in der Bücherei und einige PKWs die zum Zeitpunkt der Handlung noch gar nicht auf dem Markt waren, wären halb so wild. Aber warum wirkt die Rolle des Vertreters des Anlagenbetreibers wie eine Karikatur? Oder warum spricht die Umweltschützerin nur in Klischees? In einem Film, der sich augenscheinlich um Realismus bemüht, fallen solche Nachlässigkeiten unangenehm auf.
Das behäbige Erzähltempo passt am Anfang des Films ganz hervorragend zur Geschichte und dem Ort der Handlung. Aber im weiteren Verlauf des Films legt die Regie nie an Tempo zu und vermittelt niemals echte Dramatik. So bewegt sich die Geschichte gegen Ende immer schwerfälliger und irgendwann wirkt der Film dann ein bisschen zu lang. Auch deshalb bemerkt der Zuseher irgendwann, wie sich im Laufe einer Handlung, die sich über mehrere Jahre erstreckt, niemals das Wetter ändert.
Als „Zuagrosta“, der seit mehr als zwanzig Jahren in Bayern lebt, fällt mir ein Makel des Films besonders auf: Warum wird der bayerische Landrat von einem österreichischen Schauspieler verkörpert? Wenn der in Rheinland-Pfalz geborene Regisseur kein Ohr dafür hatte, warum hat dann der Münchner Drehbuchautor nicht interveniert? Johannes Zeiler („Hilfe, ich habe meine Lehrerin/Eltern geschrumpft“) zeigt als Landrat Schuierer keine schlechte Leistung. Seine Darstellung kann nicht eben als „lebendig“ oder „dynamisch“ bezeichnet werden; aber das verlangt die Rolle auch gar nicht. Doch Zeiler stammt aus der Steiermark, die zwar einige der größten Mimen Österreichs hervorgebracht hat (Alexander Girardi, Klaus Maria Brandauer und Arnold Schwarzenegger), wo der Dialekt aber eben nicht mal so ähnlich klingt wie in irgendeinem Teil Bayerns. Und so klingt Zeiler in keiner seiner Szenen auch nur halbwegs so, als hätte er mal längere Zeit in der Oberpfalz verbracht.
Wenn Ines Honsel, die Darstellerin von Schuierers Ehefrau, deutlich hörbar ebenfalls Österreicherin ist, klingt das natürlich irgendwie passend. Die ohnehin recht rudimentäre Rolle wirkt dadurch aber nicht realistischer.
Peter Jordan spielt als Beamten, der von Anfang an die Stimme der Vernunft ist, einen stillen Helden. Auch seine Rolle hätte etwas umfangreicher ausfallen können.
Fabian Hinrichs macht das Beste aus seiner Rolle als Vertreter des Anlagenbetreibers. Auch seine Figur hätte von einer Überarbeitung des Drehbuchs profitiert.
Fazit
Hätten die Filmemacher einige ungeschickte Fehler vermieden, wäre „Wackersdorf“ ein hervorragender Film geworden. Wenn man über diese Fehler hinwegsieht, bleibt zumindest ein interessanter Film über eine wichtige Episode aus Deutschlands jüngerer Geschichte.