Geprägt von einer All-inclusive-Mentalität, vergisst er regelmäßig, im Restaurant seine Rechnung zu begleichen. Was bei den ersten zwei Situationen noch amüsant sein mag, nutzt sich sehr schnell ab. Verglichen mit anderen Scherzen, gehört dieser Running Gag aber noch zum Witzigsten, was „Voll ins Leben“ zu bieten hat. Schmerzhaft unlustig dagegen ist unter anderem das aus der Kindheit stammende Bustrauma Tridans, das ihn in Paris einholt.
Gelungene Szenen wie seine spontane Ansprache in einer vollbesetzten U-Bahn, die für ein wohltuendes Innehalten im Alltagstrott sorgt, deuten an, dass mit der warmherzigen, harmoniebedürftigen Hauptfigur mehr möglich gewesen wäre. Am Reißbrett entworfen ist auch Louis, der sich als komplettes Gegenteil zu seinem Halbbruder präsentiert: ein muffeliger, griesgrämiger Egomane, der ganz selbstverständlich mit misogynen Beschimpfungen um sich wirft.
Letzteres vielleicht befeuert durch den Scheidungszoff mit seiner Ex, die ihren gemeinsamen Sohn Yohan (Marin Judas) hinter sich weiß. Der Nebenstrang rund um diesen jungen Testosteronbolzen mit handfesten Aggressionsproblemen ist symptomatisch für die Erzählweise des gesamten Films. Boon packt den Holzhammer aus, konstruiert einen Konflikt, der dann völlig beliebig aufgelöst wird. Inmitten der formelhaften, durch Louis‘ Komplott verursachten Verwicklungsdramaturgie kommt Roxane die Rolle eines Spielballs zu.
Was Charlotte Gainsbourg an dieser merkwürdig widersprüchlichen, mal himmelschreiend einfältigen, dann wieder erstaunlich reflektierten Frauenfigur gereizt hat, fragt man sich ein ums andere Mal. Ihr darstellerisches Können wird diesem Part jedenfalls kein bisschen gerecht. Auch sie schafft es nicht, das, was uns der Film am Ende als tiefe Liebe verkaufen will, glaubwürdig und wahrhaftig wirken zu lassen.