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*** Morbius ***

 
dfdh kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Und wieder eine Comic-Verfilmung. Und wieder eine Origin-Story. Aber vielleicht bringt „Morbius“ ja frisches Blut ins Genre?
 
We have to push the boundaries
 
Ich sehe seit mehr als vierzig Jahren Filme im Kino. Keine Ahnung, was der erste Film war, den ich je gesehen habe. Ich würde auf irgendwas von Disney tippen. Der erste Film, an den ich mich halbwegs erinnern kann, war „Balduin der Ferienschreck“ mit Louis de Funès. Ich bin vor Lachen vom Sitz gefallen. Damals sind die Sitzflächen von Kinositzen noch zurückgeklappt, wenn niemand drauf saß. Ich bin also gleich nochmal hingefallen aber das war mir gleichgültig. Ich hatte den Ort entdeckt, an dem ich einen nicht unwesentlichen Teil meines Lebens verbringen sollte.
 
Ich habe in meinem Leben mehr Filme gesehen als ich zählen kann. Lange Zeit waren Superheldenfilme und Comicverfilmungen eher eine seltene Ausnahme. Meine erste Comicverfilmung war wohl „Spider-Man schlägt zurück“ noch vor „Superman“ mit Christopher Reeve. Ja richtig, mein erster Spider-Man-Darsteller hieß nicht Tobey Maguire, sondern Nicholas Hammond. Wo war eigentlich der über siebzigjährige Nicholas Hammond in „Spider-Man: No Way Home“? Das ist doch reine Altersdiskriminierung!
 
 
Aber ich schweife ab. Wie erwähnt kamen in den ersten hundert Jahren der Filmgeschichte nur wenige Comicverfilmungen ins Kino. Das hat sich in den letzten 30 Jahren zunächst langsam und in den letzten fünfzehn Jahren rasant geändert. Mittlerweile sieht man gefühlt mehr Comicverfilmungen im Kino als irgendein anderes Filmgenre.
 
Vielleicht ist diese Vertrautheit mit dem Genre das größte Problem von „Morbius“. Den in den 104 Minuten dieses Films sehen wir absolut rein gar nichts, was wir nicht so oder so ähnlich bereits in Dutzenden Filmen gesehen haben. Nehmen wir zum Beispiel die Handlung. Diese wirkt so vertraut, man möchte direkt Comicverfilmungsquartett oder Origin-Story-Bingo spielen. Jemand Lust auf eine schnelle Partie Origin-Story-Bingo? Dauert gar nicht lange. Schiefgelaufenes Experiment? Check. Kindheitstrauma? Check. Alter Freund wird zum Feind? Check. Lächerlich attraktive Freundin hat Bedenken, hilft aber doch? Check. Lächerlich attraktive Freundin wird bedroht? Check. Die Behörden halten den Helden für einen Verbrecher und jagen ihn? Check. Querverweise auf andere Comicverfilmungen des Studios? Check. Mid-credit-scene? Check. Zweite mid-credit-scene falls jemand im Publikum die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfischs hat? Check und Bingo!
 
Das Autoren-Duo Matt Sazama und Burk Sharpless hat bisher die Bücher zu Klassikern wie „Dracula Untold“, „The Last Witch Hunter“ und „Power Rangers“ geschrieben. Aber was sie für „Morbius“ verfasst haben, ist weniger ein Drehbuch als eine Mustervorlage. Nach dieser Vorlage kann man mit leichten Variationen jede Origin-Story jedes Comichelden jedes beliebigen Universums verfilmen. Sony hat die Rechte an sämtlichen Nebenfiguren von Spider-Man und damit noch viel vor. Da ist so eine Mustervorlage sicher praktisch. Damit werden die Filme zwar sicher nicht spannend oder originell. Aber man spart sich das lästige Drehbuchschreiben.
 
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We all make mistakes
 
Wie erwähnt hat Sony mit seinem „Spider-Man-Universe“ noch viel vor. Aber neben den Drehbüchern auch noch an der Regie zu sparen, könnte ins Auge gehen. Nachdem letztes Jahr mit Andy Serkis bereits ein mittelmäßiger Regisseur den mittelmäßigen „Venom: Let there be Carnage“ abliefern durfte, hat man Daniél Espinosa die Regie an „Morbius“ anvertraut. Espinosa hat bisher den generischen Agentenfilm „Safe House“ gedreht, bevor er aus dem überaus originellen und spannenden Roman „Kind 44“ einen generischen Thriller gemacht hat. Zuletzt hat er mit „Life“ einen generischen Science-Fiction-Schocker gedreht.
 
Daniél Espinosa zeigt uns in 104 Minute nicht eine einzige originelle Idee. Alles was er zeigt, haben wir schon gesehen. Alles was er sagt, haben wir schon gehört. So kann man Politik machen, aber keinen Film inszenieren. Espinosa ist kein wirklich schlechter Regisseur. Er arbeitet bloß leider komplett einfallslos. Wenn man sich ernsthaft für Film interessiert oder, wie ich und viele unserer Leser, dieser Kunstform einen besonderen Platz im Herzen eingeräumt hat, dann sieht man lieber einen Film eines schlechten Regisseurs als den eines einfallslosen Regisseurs.
 
Irgendwie hinterlassen die Vampir-Supermenschen in diesem Film immer so merkwürdige visuelle Spuren wenn sie sich superschnell bewegen. Dieser Effekt sieht nicht schlecht aus. Tatsächlich hat er mir auch in all den anderen Filmen gefallen, in denen ich ihn bereits gesehen habe. Eine Sequenz spielt im schlechtbeleuchteten Flur eines Krankenhauses und ist wohl gruselig gemeint. Aber leider haben wir Vergleichbares schon im Kino gesehen als Alfred Hitchcock noch keine Übergrößen kaufen musste.
 
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Nichts an diesem Film ist besonders witzig. Der beste Gag ist noch der Name eines Schiffs. Nichts ist auch nur halbwegs spannend. Die Polizei jagt den Helden, sieht aber schnell, dass er gar nicht der Böse ist. Nichts ist irgendwie originell. Der Held will seine Freundin schützen, bringt sie aber dann doch in Gefahr. Nichts ist raffiniert. Dauernd erklärt man uns die Handlung, obwohl die nun wirklich niemanden überfordern sollte.
Selbst die Besetzung ist mittelmäßig. In meiner Rezension zu „Ambulance“ habe ich Eiza González neulich als „eine dieser wunderschönen Frauen, denen offensichtlich nie jemand widersprechen mag, wenn sie meinen, Schauspielerinnen zu sein“ bezeichnet. In „Morbius“ sehen wir Adria Arjona, die offensichtlich die gleiche Schauspielschule besucht hat.
 
Tyrese Gibson ist seit vielen Jahren das uninteressanteste Mitglied der „Fast & Furious“-Familie. Ich würde gerne sagen, er spielt hier die Rolle eines FBI-Agenten. Tatsächlich markiert er die Rolle eines FBI-Agenten. Jared Harris („Chernobyl“) spielt eine dieser Rollen, die er in Blockbustern schon einige Male gespielt hat, bloß niemals so langweilig. Seit „Terminator: Genisys“ wurde das Talent von Matt Smith nicht mehr so verschwendet wie hier.
 
Jared Leto kann großartig spielen, wie in „Dallas Buyers Club“ oder „Lord of War“. Er kann aber auch lächerlich übertreiben, wie in „Suicide Squad“. Vielleicht hat er sich die Kritik an seiner Darstellung des Jokers zu sehr zu Herzen genommen. Jedenfalls zeigt er in „Morbius“, dass er auch langweilig und nichtssagend spielen kann.
 
Fazit
 
Noch eine Comic-Verfilmung. Noch eine Origin-Story. Aber diesmal alles noch ein bisschen uninspirierter und einfallsloser als sonst. Diesem Vampir-Superheldenfilm fehlt es einfach an Biss.
 
 
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