Während der erfahrene Testpilot Mühe hat, das Flugzeug wieder in die Erdatmosphäre und auf den Boden zurückzubringen, sehen wir abwechselnd immer wieder nur diese Nahaufnahmen: das Helmvisier und das Cockpit. Das Flugzeug vom Typ X-15, dieses Wunderwerk der Technik, sehen wir erst in voller Größe nachdem es wieder auf dem Boden steht.
Eine ungewöhnlich gestaltete Eröffnungssequenz. Ein ganz anderer Einstig in diesen Film, als man ihn erwartet hätte. Jeder Filmfan, der nur ein beiläufiges Interesse an der Geschichte der Raumfahrt hat, kann sich noch an die Eröffnungssequenz von Philip Kaufmanns „The Right Stuff“ erinnern. Vor fünfunddreißig Jahren begann dieser Film mit einer epischen Nacherzählung von Chuck Yeagers erstem Flug durch die Schallmauer. Wir bekamen die weite Landschaft der Wüste rund um die Luftwaffenbasis zu sehen. Wir sahen das riesige Trägerflugzeug und wie winzig die X-1 im Vergleich dazu wirkte. Wir konnten sehen, wie dieses Geschoss von seinem Piloten über den endlosen Himmel gejagt wurde, schneller und immer schneller. Wir sahen all das und noch viel mehr bereits in den ersten zwanzig Minuten des Films. „Aufbruch zum Mond“ zeigt uns in seinen 141 Minuten keine vergleichbaren Bilder.
Extreme close ups
Die Bildsprache von „Aufbruch zum Mond“ ist ebenso originell wie mutig. Wie soll man es sonst nennen, wenn sogar eine Szene, in der sich Armstrong bei einem Testflug der Mondlandefähre mit dem Schleudersitz retten muss, fast ausschließlich in Nahaufnahmen gezeigt wird? Bei der Landung mit dem Fallschirm werden praktisch nur die Beine des Protagonisten gezeigt. Dass er sich dabei schwere Verletzungen zugezogen hat, erfahren wir erst in der folgenden Einstellung, weil wir Ryan Goslings blutigen Kopf in Nahaufnahme zu sehen bekommen.
Selbstverständlich spricht nichts gegen gut gemachte Nahaufnahmen. Und sowohl die vielen Nahaufnahmen als auch die wenigen Totalen und Halbtotalen in diesem Film sind ja auch wirklich sehr gut gemacht. Die Kameraarbeit ist von hervorragender Qualität. Aber es fehlt ihr eine gewisse künstlerische Qualität. Die Bilder wirken nüchtern und dokumentarisch. Wenn wir, wie so oft, die Gesichter von Gosling oder einem der anderen Darsteller in Nahaufnahme sehen, dokumentieren die Bilder nur. Sie bilden das Geschehen aus nächster Nähe ab. Aber diese Bilder erzählen kaum eine Geschichte. Und sie zeigen selten etwas Großes. In einem Film über die Raumfahrt, sehen wir kaum jemals beeindruckende Bilder.
So wird zum Beispiel die Mission „Gemini 8“ in aller Ausführlichkeit gezeigt. Das ist durchaus angebracht, weil hier zum ersten Mal zwei Raumfahrzeuge im All aneinandergekoppelt wurden. Von dem Koppelmanöver selbst sehen wir aber nur zwei kurze Einstellungen von außen. Der ganze Rest dieser Sequenz besteht aus Nahaufnahmen. Und während der geschichtsträchtigen „Apollo 11“-Mission sehen wir nur ein einziges großes Mondpanorama. Die Landung des „Eagle“ bekommen wir wieder nur im Inneren der Mondlandefähre zu sehen.