Einen geistig behinderten Jungen glaubhaft zu verkörpern ist nicht einfach. Vor allem wenn man die Vorlage von Leonardo diCaprio in „Gilbert Grape – Irgendwo in Idaho“ kennt. Denn der war in diesem Film derart überzeugend, dass er für seine Leistung sogar mit einen Oscar und einen Golden Globe ausgezeichnet worden ist.
Insofern lag die Messlatte für David Kross dies ebenbürtig in einem deutschen Film zu versuchen ziemlich hoch. Doch Markus Goller hatte bei der Besetzung der Romanverfilmung von Marie-Aude Murai mit ihm als „Simpel“ genau den richtigen „Riecher“.
Denn David Kross schafft es mühelos die ähnlich angelegte Hauptfigur wie sein amerikanischer Kollege derart authentisch und glaubhaft zu verkörpern, dass uns viele tränenreiche Momente nicht erspart bleiben.
Eine schauspielerische Meisterleistung, die allerdings die Gefühlswelt des Protagonisten nur dann perfekt transportieren kann, wenn auch das kollegiale Umfeld stimmt.
Aber auch dabei hatte der Regisseur ein glückliches Händchen. Denn als sein Bruder Ben wurde Frederick Lau besetzt. Und der liefert die perfekte Ergänzung zum Schauspiel von David Kross ab. Sowohl auf emotionaler, fürsorglicher Ebene, als auch dabei, wenn es um die Vermittlung von Werten im Leben geht.
Emilia Schüle als sein Love-Interest wirkt hingegen etwas kühl. Axel Stein gewohnt „witzig“, immer mit einem Spruch auf der Lippe. Aber dennoch sind beide, wie fast alle, denen die Zwei auf ihrer Reise begegnen, mit viel Verständnis für Barnabas gesegnet und stets um dessen Wohl sehr bemüht. Selbst dann als der beinahe die Wohnung von Aria abfackelt.
Annette Frier darf als Prostituierte übrigens in einer kleinen Rolle zeigen, dass auch Frauen in diesem Beruf durchaus ein Herz haben können und nicht nur an das eine denken.
Respektvoll und Tolerant
Dramaturgisch ist der Film ebenfalls absolut stimmig und zu keiner Zeit peinlich. Die Dosis bei der Darstellung von „Simpel“´s Behinderung wurde nicht übertrieben.
Ganz im Gegenteil. Die Hauptfigur wird nicht abgestempelt oder vorgeführt, sondern dem Zuschauer vermittelt, dass sich hinter dessen scheinbar verwirrten Fassade ein vollwertiger Mensch befindet, den man ernst nehmen und mit Respekt begegnen sollte.
Außerdem wurde darauf geachtet, dass die Suche der Brüder nach im ihrem Vater und deren Liebe zueinander im Vordergrund bleibt. Und die Geschichte nicht in Mitleid mit der Hauptfigur abdriftet. Dennoch wird dabei die musikalische Untermalung und die Tragik der Geschichte für einen ziemlichen Verschleiß von Taschentüchern sorgen.