Positiv erwähnen muss man zuallererst, dass Villeneuve und die am Drehbuch mitbeteiligten Jon Spaihts und Eric Roth nicht aufs Gaspedal drücken. Vielmehr nimmt sich das Skript die Zeit, um Nichtkenner des Literaturklassikers in das viele Jahrtausende in der Zukunft liegende Setting, seine Figuren und Konflikte einzuführen. Der, anders als bei Lynch, nie persönlich auftretende Imperator, der über ein gigantisches Weltraumreich herrscht, in dem sich unterschiedliche Adelshäuser gegenüberstehen, entzieht zu Beginn des Films der Familie Harkonnen nach acht Dekaden die Kontrolle über den kargen Wüstenplaneten Arrakis, auch Dune genannt.
Die einzig dort zu findende Superdroge Spice, die das Bewusstsein erweitert, das Leben verlängert und wichtig für die interstellare Raumfahrt ist, soll von nun an Leto Atreides (Oscar Isaac) abbauen. Mit seiner Geliebten Lady Jessica (Rebecca Ferguson), ihrem gemeinsamen Sohn Paul (Timothée Chalamet) und seinem Hofstaat zieht es den Herzog auf den fremden Himmelskörper, wo allerdings ernüchternde Einsichten warten.
Baron Harkonnen (Stellan Skarsgård) hat das technische Equipment für die Spice-Gewinnung in derart schlechtem Zustand hinterlassen, dass an eine ertragreiche Ernte nicht zu denken ist. Während sich sein Vater den Kopf darüber zerbricht, fühlt sich Paul auf mysteriöse Weise von der Wüste angezogen. Seine schon in der Heimat Caladan auftauchenden Träume und Visionen verfolgen den jungen Mann ebenfalls in der neuen Umgebung.
Und noch dazu scheinen die von den früheren Verwaltern brutal unterdrückten Ureinwohner, die auf den Namen Fremen hören, bei seiner Ankunft auf Arrakis in ihm den Retter aus ihren Prophezeiungen zu erkennen. Dass er eine große Rolle im Gesamtgefüge spielen wird, nimmt auch seine Mutter an, die ihn als Mitglied der sagenumwobenen Schwesternschaft der Bene Gesserit in deren mysteriöse Künste eingeweiht hat.
Erwartungsgemäß bildgewaltig
Pauls Hadern mit der Aussicht, irgendwann in die Fußstapfen seines Vaters treten zu müssen, und seine Verunsicherung über die kryptischen Träume sind typische Elemente einer klassischen Heldenreise. Vor allem dank Timothée Chalamet, dessen feingliedrige Züge und dessen Augen die notwendige Verletzlichkeit ausstrahlen, keimt Interesse für den Weg des Protagonisten auf, der im Verlauf an einen Punkt führt, an dem er sich seinem Schicksal stellen muss.
„Dune“ breitet vor unseren Augen eine Welt mit vielen spannenden Details und schillernden Charakteren aus und weckt die Lust, noch tiefer in diesen Kosmos und seine Machtkämpfe einzutauchen. Reizvoll, aber noch wenig greifbar ist etwa die rein weibliche Bene-Gesserit-Vereinigung, die offenbar im Geheimen Strippen zieht und schon im Roman als eine Anspielung auf den Feminismus verstanden werden kann.
Angerissen werden ökologische Überlegungen und Gedanken zum Grauen des Kolonialismus. Aspekte, die in einem möglichen Sequel unbedingt mehr Beachtung finden sollten. Gleiches gilt für die Perspektive der Fremen, die den Film durch einen inneren Monolog der jungen Chani (Zendaya) zwar eröffnet, danach aber an Gewicht verliert. Im nächsten Teil dürfte gerade diese Figur, die hier die meiste Zeit als geisterhafte Präsenz durch Pauls Träume spukt, mehr Entwicklungs- und Entfaltungsraum bekommen.
Aus dem Vollen schöpft Villeneuve, wie man nach „Arrival“ und „Blade Runner 2049“ erwarten durfte, in visueller und ausstattungstechnischer Hinsicht. Immer wieder beeindruckt der mit einem wummernden Hans-Zimmer-Score unterlegte Science-Fiction-Streifen sein Publikum durch wuchtige Massenszenen und spektakuläre Landschaftsaufnahmen. In sich haben es auch die keineswegs inflationär eingesetzten Actionmomente.
Zum Beispiel, wenn es nach über einer Stunde mitten in der Wüste zu einer geschickt auf Spannung getrimmten Begegnung mit einem der bis zu 400 Meter großen Sandwürmer kommt. So mitreißend die Überwältigungsstrategie auch sein mag – in einer Hinsicht hätten die Macher jedoch gut daran getan, sich ein wenig zu zügeln. Das pathetische Raunen um Pauls messianische Qualitäten ufert, auch wegen der bombastisch-erhabenen Musik, manchmal zu sehr aus. Sollte die Fortsetzung grünes Licht erhalten, wäre es schön, wenn der Regisseur das sich nah am Klischee des white savior bewegende Geschwafel vom großen Heilsbringer ein bisschen herunterfahren würde.
Fazit
Atemberaubend bebilderter, mit reichlich Schauspieltalent gesegneter Blick in eine weit entfernte Zukunft, der ruhig weniger ins Salbungsvolle hätte kippen dürfen. Inhaltlich geht sicherlich noch ein Tick mehr.