Aber ich schweife ab. Emilys Krankheit und langsamer Abschied wird in hübschen Bildern gezeigt. Das Licht wirkt in diesen Szenen durchaus ansprechend. Einzelne Bilder geraten aber fast kitschig. Die visuelle Gestaltung des Films fällt sehr uneinheitlich aus. Manche Szenen sind überaus liebevoll gestaltet. Wenn Louis Einsamkeit einer lustigen Reisegesellschaft in einem Zug gegenüber gestellt wird, wirkt das aber reichlich plump. Auch Kindheitserinnerungen oder eine Episode auf einem Golfplatz fallen wenig subtil aus. Als Psychogram scheitert der Film weitgehend.
I have failed
Teilweise kann man erkennen, wie Sharpe den Stil von Louis Wains Zeichnungen filmisch aufgreifen wollte. Das funktioniert aus zwei Gründen nicht. Sharpe hat sich übernommen. Er ist einer dieser Regisseure, die genau wissen was sie wollen aber nicht was sie können. Und kaum jemand kennt Louis Wain und sein Werk heute noch. Sharpe schafft es nie so richtig, uns das Besondere an Wains Arbeit zu vermitteln. Es wird zwar viel über die Bilder gesprochen, aber es wird uns nicht recht gezeigt, warum diese damals so speziell waren.
„Die wundersame Welt des Louis Wain“ (der Originaltitel „The Electrical Life of Louis Wain” lässt vermuten, dass dem deutschen Verleih Elektrizität immer noch wundersam vorkommt) ist ein sehr dialoglastiger Film. Für einen Film über einen visuell arbeitenden Künstler wird uns nur wenig in Bildern vermittelt. Das Bild eines Steins auf dem Nachttisch einer Sterbenden bildet eine der wenigen Ausnahmen. Wenn an anderer Stelle gleichzeitig Badminton und Krocket gespielt wird, wirkt das Bild des Gartens vor allem überladen.
Benedict Cumberbatch spielt einen Exzentriker. Nach „Sherlock“, „The Imitation Game”, “Inside Wikileaks” und seinen verschiedenen Auftritten als „Dr. Strange“ muss das ja eine enorme Herausforderung für ihn gewesen sein. Cumberbatch ist offensichtlich ein Schauspieler, der unbedingt einen kompetenten, entschlossenen Regisseur braucht. Seine Darstellung hier wirkt wahllos und teilweise alles andere als subtil.
Claire Foy ist entzückend als verliebte Gouvernante und bezaubernd als siechende Ehefrau. Aber sie hat in Projekten wie „Unsane“ oder „The Crown” gezeigt, dass sie mehr kann, als entzückend und bezaubernd zu sein.
Toby Jones („Captain America“, „Atomic Blonde“) spielt eine Rolle, wie er sie schon Dutzende Male gespielt hat. Andrea Riseborough („Oblivion“) spielt die älteste Schwester als Chargenrolle. Kompetente Darsteller und Prominente wie Richard Ayoade, Taika Waititi und Nick Cave sind in unergiebigen Nebenrollen zu sehen.
Im Original trägt die große Olivia Colman („The Favourite“, „The Father“) den Off-Text vor. Vielleicht hat sie bei den Dreharbeiten zu „Flowers“ eine Wette an Regisseur Will Sharpe verloren.