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Kritik: Knock at the Cabin

cjane kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
M. Night Shyamalan hat mit “The Sixth Sense” und “Unbreakable” zwei sehr gute Thriller geschrieben und inszeniert. Seine beiden apokalyptischen Filme, „The Happening“ und „After Earth“, waren beide furchtbar. Wie wird also sein neuer Thriller über die Apokalypse ausfallen?
 
Empathy and tolerance (SPOILER!)
 
Die kleine Wen verbringt mit ihren Vätern einen Urlaub in einer abgelegenen Hütte im Wald. Da erscheint plötzlich ein mysteriöser Fremder und verwickelt sie in ein Gespräch. Das Mädchen bekommt Angst und schon verlangen der Fremde und seine drei Begleiter Einlass in die Hütte. Nachdem sie sich gewaltsam Zutritt verschafft haben, informieren die Eindringlinge die verängstigte Familie über das bevorstehende Ende der Welt. Dieses kann, so die Fremden, nur durch ein Opfer abgewandt werden …
 
Selbst die besten Filme von M. Night Shyamalan sind nicht unbedingt subtil gestaltet. In „The Sixth Sense“ sieht der kleine Haley Joels Osment nicht einfach tote Menschen. Er sieht jede Menge tote Menschen und er sieht sie in dem Zustand, in dem sie gestorben sind, inklusive entstellender Verletzungen (bloß einen ganz bestimmten Verstorbenen sehen wir den größten Teil des Films ohne seine Schusswunde). In „Unbreakable“ wird die Ehekrise schon deutlich, wenn der Held seinen Ehering abstreift nur weil eine attraktive junge Frau sich neben sich setzt. Kurze Zeit später zeigt der unsensibelste Arzt aller Zeiten einem gerade aus der Bewusstlosigkeit erwachten Überlebenden eines Zugunglücks ohne jede Vorwarnung ein anderes Opfer, dem es ganz und gar nicht gut geht.
 
 
M. Night Shyamalans weniger gelungene Filme sind meist noch plumper gestaltet. Die Figuren und vor allem das Ende von „The Village“ wirkten beinahe wie Persiflagen. Die Märchen-Analogien in „Lady in the Water“ waren lächerlich. Die ökologische Botschaft von „The Happening“ wurde ebenso ungeschickt wie derb vermittelt. Und je weniger Worte wir über die erzkonservative „Heldenreise“ des jugendlichen Protagonisten in „After Earth“ verlieren, umso besser.
 
Und auch das überaus interessante Konzept von „Knock at the Cabin“ hat keinerlei Chance gegen die plumpe und oft richtig ungeschickte Umsetzung M. Night Shyamalans. Schon zu Beginn des Films muss sich Leonard, der Anführer der Eindringlinge, furchtbar dumm anstellen, damit das Betreten des Hauses so schwierig als möglich ausfällt. Wenn man aussieht wie Dave Bautista und Wert darauf legt, ohne Gewaltanwendung ins Haus gelassen zu werden, sollte man vorher das kleine Mädchen nicht erschrecken. Vielleicht bei der nächsten Apokalypse einfach mal die nette junge Frau aus der Gruppe alleine und unbewaffnet an die Tür klopfen lassen.
 
Auch fast alles andere an dem Film ist leider sehr plump gestaltet. Das homosexuelle Paar besteht aus „Daddy Andrew“ und „Daddy Eric“. Andrew trägt Dreitagebart und lässige Klamotten, besitzt eine Schusswaffe und tritt unzugänglich und ganz allgemein aggressiv auf. Der glattrasierte Eric trägt selbst im Urlaub sehr viel elegantere Kleidung und sein Haar gescheitelt. Eric scheut Konfrontationen und wird im Bademantel überrascht. Dieses Väterpaar wirkt als hätte Shyamalan vor Beginn der Dreharbeiten die dumme, alte Frage gestellt, „Wer von Euch ist nun der Mann und wer die Frau?“.
 
01 ©2023 Universal Pictures02 ©2023 Universal Pictures03 ©2023 Universal Pictures04 ©2023 Universal Pictures
 
Fast alles an diesem Film fällt furchtbar plump aus. Vom obligatorischen Cameo des Regisseurs (diesmal ist er Moderator einer Verkaufssendung im Fernsehen), über die Dialoge bis zu den Großteils überflüssigen Rückblenden. An einer Stelle tritt die von Rupert Grint dargestellte Figur unter dem Namen „Redmond“ auf. Rupert Grint soll „Redmond“ heißen? Ernsthaft? Zum Glück musste der von Dave Bautista dargestellte Leonard sich keinen falschen Namen ausdenken. Er hätte sich wohl „Mr. Big“ genannt. Wir sollten froh sein, dass keiner der Väter „Gaylord“ heißt.
 
Trust in something more than you (SPOILER … nicht wirklich)
 
So plump viele Entscheidungen M. Night Shyamalans ausfallen, muss man sich doch wundern, wie behutsam und gründlich er die potentiell interessantesten Konflikte der Geschichte vermeidet. Die Ungewissheit, ob nun tatsächlich das Ende der Welt bevorsteht oder nicht, hätte für Spannung sorgen können. Leider schließt der Film viel zu schnell jeden Zweifel daran aus. Wenn der aufgeschlossenere Vater Interesse an den Erläuterungen der Eindringlinge erkennen lässt, wird er von seinem Partner brüsk zur Räson gerufen. Echte Menschen lassen sich bei akuten Fragen von Leben und Tod eher ungern so bevormunden.
 
Wenn dann zwei Charaktere zu entscheiden haben, wer von ihnen nun zu sterben hat, sind sie sich absurd schnell einig. Die Art, wie M. Night Shyamalan diese Frage leichtfertig und fast nebenbei abhandelt, lässt jeden Respekt vor den Figuren und dem menschlichen Leben ganz allgemein vermissen. Das Ende fällt dann auch viel zu einfach und konventionell aus. Ich habe Paul Tremblays literarische Vorlage nie gelesen und bin trotzdem absolut sicher, dass der Roman anders ausgeht als der Film.
 
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Shyamalans frühe Filme waren originell und handwerklich gut gemacht. Originell ist an „Knock at the Cabin“ vielleicht die Ausgangssituation, aber nicht mehr. Und die im Film gezeigte Handwerkskunst lässt teilweise auch zu wünschen übrig. Wenn eine Person in Schuhen mit Gummisohlen über einen Waldweg geht und die Schritte klingen, als würde Hermann Munster eine Holztreppe herunterpoltern, ist das eine fragwürdige Regieentscheidung. Die billigen computergenerierten Flammen eines Brandes während des Finales nehmen dem ohnehin lahmen Ende viel von seinem bisschen Wirkung.
 
Die Grundidee von „Knock at the Cabin“ hätte eine deutlich mutigere Umsetzung verdient. Shyamalan hätte mehr als einmal den Regler auf 11 drehen müssen. Stattdessen hat er alles schön auf Werkseinstellung belassen und damit einen passablen aber wenig originellen Film gedreht, der mit gerade mal 100 Minuten dann doch etwas zu lang und dadurch auch langweilig geraten ist.
 
Mit einem recht simplen Drehbuch und unter uninspirierter Regie kann man als Darsteller*in kaum glänzen. Der Brite Ben Aldridge („Pennyworth“) und der Amerikaner Jonathan Groff („Matrix Resurrections“) können die Fesseln ihrer Chargenrollen leider nicht abstreifen. Wie sollen sie die Zweifel, Verzweiflung oder Konflikte der Väter darstellen, wenn ihnen Regie und Drehbuch dazu weder Zeit noch Raum geben?
 
Kristen Cui ist ein herzallerliebstes kleines Mädchen. Aber abgesehen von einer einzelnen Szene am Anfang, bekommt auch sie wenig zu tun. Es wirkt, als hätte Shyamalan kaum einen Gedanken daran verschwendet, wie schlimm das Geschehen im Film für ein kleines Mädchen sein muss und daher gar nicht daran gedacht, das darstellen zu lassen.
 
Drei der vier Eindringlinge spielen ihre Rollen, wie Musiker, deren Instrumente je nur eine Saite aufgezogen haben. Nikki Amuka-Bird („Luther“) und Abby Quinn („After the Wedding”) spielen sympathische Verzweiflung. Rupert Grint (wir wissen alle, woher wir diesen Darsteller kennen) spielt einfach nur Wut.
 
Den großartigen Dave Bautista kennen wir als massigsten und sozial unbeholfensten der „Guardians of the Galaxy“. Sein kurzer Auftritt in „Blade Runner 2049“ war das mit weitem Abstand Beste an diesem Film. Bautista, der knapp zwei Meter groß und an den Schulter auch fast ebenso breit ist, hat damals in einer einzigen Szene eine wunderbar subtile Darstellung geliefert. Aber für Subtiles ist kein Platz in „Knock at the Cabin“. Es ist faszinierend, zu beobachten, wie Bautista versucht, gegen seinen „underwritten“ Part anzuspielen. Und es ist traurig, zu beobachten, wie er daran scheitert.
 
Fazit
 
„Knock at the Cabin“ hätte in den Händen eines mutigen Filmemachers enormes Potential gehabt. M. Night Shyamalan ist nicht (mehr?) dieser Filmemacher und hat einen passablen Thriller gedreht, der leider viel zu konventionell bleibt.
 
 
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