Neue Hoffnung nach dem Ende? In Grant Sputores Spielfilmdebüt wächst ein Mädchen nach der Auslöschung der Menschheit unter Aufsicht eines Androiden in einem Forschungsbunker auf, an dessen Tür irgendwann eine verletzte Frau hämmert.
Science-Fiction auf engem Raum
Zukunfts- und Endzeitstoffe scheinen aktuell, da die Welt in immer unruhigeres Fahrwasser gerät, zu boomen. Können wir unseren Planeten noch retten? Den Klimawandel aufhalten? Lassen sich die gesellschaftlichen Spannungen wieder abbauen? Und schaffen wir es, den internationalen Terrorismus einzudämmen? Fragen über Fragen treiben uns seit einigen Jahren um und finden in großem Maße Eingang in Filme, Serien und Bücher, die so manche düstere Vision an die Wand malen. Den Untergang der Menschheit nimmt auch der Australier Grant Sputore in seinem Debütwerk „I Am Mother“ ins Visier, das bereits aufgrund seines begrenzten Settings an Alex Garlands famoses Science-Fiction-Kammerspiel „Ex Machina“ erinnert.
Nach der Auslöschung allen Lebens auf der Erde beginnt in einem hochtechnisierten Forschungsbunker ein humanoider Roboter (in der Originalfassung gesprochen von Rose Byrne) damit, einen von zahlreichen aufbewahrten Embryonen auszuwählen und zu einem Baby heranzuziehen. Einige Zeit später ist aus dem Kleinkind ein Teenager (ihrer herausfordernden Rolle vollauf gewachsen: Clara Rugaard) geworden, der schlicht den Namen „Tochter“ trägt und ein komplexes Lernprogramm absolvieren muss.
„Mutter“, so nennt sich der Android, will aus dem Mädchen einen guten Menschen machen und sich erst dann, wenn sie erfolgreich war, um weitere Embryonen kümmern. Das vertrauensvolle Verhältnis innerhalb der hermetisch abgeriegelten Anlage wird allerdings auf eine harte Probe gestellt, als eines Tages eine verletzte Frau (Hilary Swank) vor der Luftschleuse erscheint und um Hilfe bittet. Offenbar ist die Außenwelt, anders als Mutter stets behauptet hat, doch nicht gänzlich unbewohnbar.
Drei sind eine zu viel
Dafür dass „I Am Mother“ ein Spielfilmerstling ist und nicht über ein exorbitantes Budget verfügte, sieht der in einigen Ländern bloß auf Netflix veröffentlichte Science-Fiction-Thriller erstaunlich ansprechend aus. Mit ihren langen Gängen und ihren hypermodernen, eleganten Forschungsräumlichkeiten ist die Bunkereinrichtung ein echter Hingucker, verströmt gleichzeitig aber auch etwas hochgradig Bedrückendes. Schließlich sind Mutter und Tochter Gefangene des Komplexes, weil draußen angeblich der Tod lauert. Aufregend ist zudem die Gestaltung der Roboter-Mama, in deren Erscheinungsbild menschliche Züge eingearbeitet sind.
Die intelligente Maschine präsentiert sich als fürsorgliches Wesen, legt in manchen Momenten allerdings eine fast schon furchteinflößende Entschlossenheit an den Tag. Etwa dann, wenn sie bei einem Sicherheitsalarm durch die Anlage sprintet, um schnellstmöglich alles unter Kontrolle zu kriegen. Liebevolle Mutter oder gefährlicher Bulldozer? Diese Frage stellt sich der Tochter nach der Aufnahme der verletzten Fremden irgendwann. Das Auftauchen der namenlosen Frau bringt das Weltbild des Teenagers ins Wanken und lässt sie immer kritischer auf ihr einziges Elternteil schauen.
Aus den sich verändernden Beziehungen und sporadischen gewaltsamen Konfrontationen schöpfen Regisseur Sputore und Drehbuchautor Michael Lloyd Green einiges an Spannung. Rückblickend hätten sie die Zerrissenheit des Mädchens aber gewiss noch stärker sezieren können. „I Am Mother“ wirft viele interessante Gedanken zur Künstlichen Intelligenz, zum Verhältnis zwischen Mensch und Technik auf, spinnt diese jedoch nicht immer zufriedenstellend weiter.
Manchmal scheinen den Machern die nicht geraden wenigen Wendungen ihrer Geschichte wichtiger als ein genauer Blick auf das Befinden der Charaktere. Ein kleiner Teil der geschickt aufgebauten intensiven Kammerspielstimmung geht überdies verloren, wenn der Film den Blick auf die Außenwelt erweitert. Der eingangs erwähnte „Ex Machina“ dekliniert sein minimalistisches Szenario konsequenter durch und hinterlässt auch deshalb einen – vor allem emotional – wuchtigeren Eindruck. Nichtsdestotrotz ist Sputore mit seinem Endzeitstreifen ein überzeugender Genre-Beitrag gelungen, der handfestes Interesse für seine nächsten Arbeiten weckt.
Fazit
Keineswegs fehlerfrei, aber doch spannend und visuell anziehend genug, um den Zuschauer knapp zwei Stunden lang zu unterhalten.