Dass „Monkey Man“ stellenweise gewaltige Sogkraft entwickelt, liegt auch an den knallhart-mitreißenden, manchmal fast improvisiert wirkenden Actionsequenzen. Nahkämpfe und Verfolgungsjagden haben eine physische Qualität, atmen eine Unmittelbarkeit, die man in Zeiten computergenerierten Bilder gar nicht mehr so oft zu sehen bekommt. „John Wick“, ein Genremeilenstein der jüngeren Vergangenheit, wird an einer Stelle explizit erwähnt und ist sicherlich ein guter Referenzpunkt. Patels Debüt muss sich vor dem furiosen Actionparcours mit Keanu Reeves nämlich nicht verstecken.
Erinnert fühlt man sich außerdem an Martin Scorseses infernalisches Identitätsdrama „Taxi Driver“, in dem Robert De Niro als angeknackster Vietnamveteran in den Straßen New Yorks aufzuräumen beginnt. Kid hat zwar eine andere Motivation für seinen Rundumschlag.
In seiner Getriebenheit ist er dem Taxifahrer aber gar nicht unähnlich. Gut möglich, dass sich Patel deshalb in einer Szene ganz konkret vor dem 1970er-Jahre-Klassiker verneigt. Dann nämlich, als der von ihm gespielte junge Mann, während er durch ein Bordell stolpert, einem kleinen Kind zur Flucht verhilft. Bekanntermaßen versteift sich der Antiheld bei Scorsese irgendwann darauf, eine minderjährige Prostituierte aus den Klauen ihres Zuhälters zu befreien.
Im Kern schildert „Monkey Man“, wie so viele „Ein Mann sieht rot“-Verschnitte, eine einfache Geschichte. Indem der Film einen kritischen Blick auf politische und gesellschaftliche Zustände wirft und im Mittelteil ins Mythologische ausgreift, hebt er sich jedoch von geradlinig-anspruchsloser Actionware ab. Der unter der aktuellen indischen Regierung propagierte Hindu-Nationalismus spiegelt sich unverkennbar in der Figur Baba Shaktis wider.
Seine Worte mögen milde klingen. Minderheiten haben in seinen Vorstellungen aber keinen Platz. Menschen wie die sogenannten Hijras, die Kid nach seinem verpatzten Mordanschlag Unterschlupf gewähren und ihm helfen, sich zu finden, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Mit dieser Tempelgemeinschaft, deren Mitglieder sich weder als Frauen noch als Männer sehen, zeigt der Film eine Seite der indischen Gesellschaft, die vielen westlichen Zuschauern unbekannt sein dürfte.
Bei aller Freude über die Ambitionen Patels und seiner Mitstreiter muss man allerdings konstatieren, dass „Monkey Man“ seine verschiedenen Elemente – politische Kommentare, knackige Racheaction und die mythologisch aufgeladene Geburt eines Kämpfers der Entrechteten – nicht ganz überzeugend zusammenbringt. Manchmal greift der Film etwas zu kurz, reißt Gedanken nur an, obwohl sie mehr Aufmerksamkeit verdient hätten.
Einige Ausflüge ins Satirische irritieren angesichts einer düster-brodelnden Grundstimmung. Und was die Flashbacks zu Kids Mutter betrifft: Weniger wäre da sicher mehr gewesen. Irgendwann dürfte auch der Letzte im Publikum verstanden haben, wie schwer der Mord den Protagonisten getroffen hat. Problematisiert wird sein brachialer Selbstjustizweg, wie in fast allen Rachethrillern, übrigens nicht. Als Drehbuchautor hat Dev Patel auf jeden Fall noch Luft nach oben.
Fazit
In seinem Regiedebüt spielt sich Dev Patel die Seele aus dem Leib und überrascht mit packend inszenierten Actionsequenzen. Inhaltlich wird „Monkey Man“ den eigenen Ansprüchen hingegen nicht immer gerecht. Dennoch: Sehenswert!