Dass die Geschichte hinter einer Popkulturikone genauso spannend sein kann wie deren Abenteuer, beweist Angela Robinson mit ihrem biografischen Drama „Professor Marston & The Wonder Women“, das immer wieder feministische Töne anschlägt.
Interessant ist schon das Verhältnis zwischen William und Elizabeth, die sich konsequent auf Augenhöhe begegnen, was nicht verwundern muss, da der Psychologie-Dozent Frauen für moralisch überlegener hält. Ganz offen gibt er zu, dass seine Gattin die bessere Wissenschaftlerin ist, und findet die Restriktionen für Frauen im Universitätsbetrieb ebenso beklagenswert wie sie. Eine enorme Intensität bringt vor allem die Britin Rebecca Hall in das Geschehen ein, die Schlagfertigkeit, Intelligenz, Sarkasmus und Verletzlichkeit gleichermaßen überzeugend in den Kinosaal transportiert.
Frauen als Inspirationsquellen
Bella Heathcote umgibt als zarte Jungstudentin eine Aura des Unschuldigen und bildet damit einen schönen Kontrast zum forschen, selbstbewussten Auftreten, das Hall in ihrer Rolle an den Tag legt. Amüsant gestaltet sich besonders der Moment, in dem das in der Luft liegende erotische Interesse dank des Lügendetektors langsam zum Vorschein kommt.
Ihre gegenseitige Anziehung gestehen sich die drei Protagonisten schließlich in einer emotional stark aufgeladenen Sexszene ein, die auch ihr Vergnügen an Verkleidungsspielen etabliert und so das später gezeigte Ausleben von Fessel-Fantasien vorsichtig ankündigt. William, Elizabeth und Olive führen eine, wie man heute sagen würde, polyamoröse Beziehung, nehmen für ihre Liebe sogar berufliche Rückschläge in Kauf und sind im Denken und Handeln ihrer Zeit ein gutes Stück voraus.
Deutlich wird dies nicht zuletzt an den Überlegungen zur Wonder-Woman-Figur, mit der Marston ein Gegengewicht zu all den männlichen Superhelden im Comic-Universum schaffen will und sich dafür von den beiden wichtigsten Frauen in seinem Leben inspirieren lässt. Wesensmerkmale und äußerliche Eigenschaften seiner Gattin und seiner Geliebten fließen in der durchsetzungsfähigen Amazonenprinzessin mit dem magischen Lasso zusammen, die 1941 das Licht der Welt erblickt.
Inszenierung ohne Ecken und Kanten
Eingebettet in den Haupterzählstrang, der sich um das unkonventionelle Zusammenleben von William, Elizabeth und Olive dreht, ist eine Plot-Line, die den Psychologie-Professor in einer Art Verhörsituation zeigt. Gegenüber Josette Frank (Connie Britton), einer Koryphäe im Kinderbuchbereich, muss sich Marston für homosexuelle Andeutungen und Fessel-Darstellungen in seinen Comic-Arbeiten erklären und ist dabei bemüht, seine feministischen Hintergedanken zu erläutern. Auch mit diesen Szenen unterstreicht Robinson die fortschrittliche, den moralischen Rahmen der damaligen Zeit sprengende Haltung ihres Titelhelden.
So sehr man sich über die interessanten Einblicke des Films freuen kann, so sehr muss man bedauern, dass sich die Regisseurin trotz der ungewöhnlichen Lebens- und Werkgeschichte für eine eher brave Inszenierung entschieden hat und gegen Ende einige arg rührselige Standardsituationen bemüht. Dem ausgefallenen Stoff wird das gewiss nicht ganz gerecht.
Fazit
Anregendes Biopic über den Wonder-Woman-Schöpfer und sein unkonventionelles Privatleben, dem eine etwas mutigere Aufmachung jedoch nicht geschadet hätte.