***Saint Amour - Drei gute Jahrgänge***

 samour kritik
 
Autor: Peter Osteried
 
Aus Frankreich kommen Jahr für Jahr erfrischende Komödien. Sie transportieren ein bestimmtes Lebensgefühl, das auch in „Saint Amour“ vorhanden ist. Das Schöne an dieser Art von Film ist, dass die Komödien nicht nur leichtherzig sind, sondern oftmals auch ein wenig Tiefgang besitzen.
 
Und nicht nur das, bisweilen fallen sie auch aus vorgegebenen Mustern heraus – selbst, wenn es eigentlich nur um einen Road Trip geht.
 
Auf Weinreise
 
Bruno (Benoit Poelvoorde) arbeitet seit Jahren auf dem Hof seines Vaters Jean (Gerard Depardieu). Der möchte ihn am liebsten an seinen Sprössling übergeben, beide reden aber nicht viel miteinander. Auf der Pariser Landwirtschaftsmesse möchte Jean mal wieder einen Vorstoß machen, aber Bruno ist anderweitig beschäftigt. Er begibt sich wie jedes Jahr auf eine Weinreise. Dazu muss er nicht mal die Halle verlassen, sondern geht von Stand zu Stand und betrinkt sich dabei.
 
Jean hat jedoch eine Idee: eine echte Weinreise. Kurzentschlossen setzen sie sich ins Taxi des jungen Mike (Vincent Lacoste) und fahren in Richtung von Saint Amour, dem malerischen Weinort im Beaujolais. Es ist nur eine kurze Reise von wenigen Tagen, aber eine, die das Leben der drei Männer für immer verändern wird. Weil das Leben Überraschungen parat hält – und Konventionen doch eh nur Schall und Rauch ist, wenn man den Mut hat, seine Freiheit auch zu genießen.
 
 
Wunderbare Jahrgänge
 
„Saint Amour“ ist die Geschichte eines Vaters, der nicht mit seinem Sohn reden kann. Eines Sohnes, der sich nach Zweisamkeit sehnt, aber keine findet. Eines jungen Mannes, der einen tiefen Schmerz in sich trägt, aber ihn nicht teilen kann. Sie alle finden sich in diesem Taxi wieder. Und sie alle werden durch diese Reise verändert.
 
Das geschieht auf sehr vergnügliche Art und Weise, denn immerhin ist es eine Weinreise. Das heißt, der Alkohol fließt in Strömen, was für Irrungen und Wirrungen sorgt, aber auch den Boden für echte emotionale Momente bereitet. Die Figuren sind dabei stark ausgebildet, aber auch großartig gespielt. Hier finden sich drei Generationen von Schauspielern, die allesamt für den französischen Film wichtig waren und sind. Da die Chemie zwischen ihnen stimmt, ergibt sich auch ein familiäres Gefühl, das ausgesprochen heimelig ist. Denn „Saint Amour“ ist auch eine Liebeserklärung an die Familie, an die Frauen und an den Wein.
 
Dabei gibt es Momente abstrusesten Humors, aber auch solche, die ausgesprochen ernsthaft sind. Wenn hinter der Fassade des Trinkers ein verletztes Wesen auftaucht, das sehr wohl um seine Defizite weiß. Oder wenn der Fahrer die Maske fallen lässt und zeigt, wie unsicher er wirklich ist.
 
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Nebenstränge
 
Das Faszinierende an „Saint Amour“ ist, dass wie im echten Leben nicht alles geklärt wird. Begegnungen sind momentan, flüchtig, schön, aber nie anhaltend. Das gilt für Vater und Sohn, die auf die unterschiedlichsten Menschen treffen, aber auch für den Fahrer, der entlang des Wegs Menschen aus seiner Vergangenheit aufsucht.
 
Was es mit ihnen auf sich hat, wie es um ihre Geschichten bestellt ist, das ist ein Geheimnis des Films. Aber es sind emotional nachwirkende Momente, die den Film aufwerten. Weil hier Geschichten angerissen werden, für die keine Zeit ist, die aber dennoch erzählenswert wären.
 
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Fazit
 
„Saint Amour“ ist in erster Linie ein Road-Trip-Film, aber einer, bei dem der Wein in Strömen fließt. Das nutzt der Stoff, um neben Tiefgang auch reichlich Humor zu bieten, der selten breitbeinig und plakativ ist, sondern filigran daherkommt. Aber es gibt auch Momente großer Komik. Etwa dann, wenn Bruno seinem Begleiter von den zehn Stufen des Betrunkenseins erzählt.
 
Die kennt jeder, nur sind die wenigsten derart aufrichtig, sie so und nicht anders darzustellen. Auch das ist eine der Stärken dieser herzlichen, vor tollen Kulissen spielenden Komödie, die mit einem Trio toller französischer Stars besetzt ist.
 
 
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