*** Molly´s Game ***

 
mgame kritik
 
Autor: Walter Hummer
         
Molly Bloom organisierte bereits vor ihrem dreißigsten Geburtstag Pokerrunden in denen Hollywoodstars, Spitzensportler, Wirtschaftsbosse und Mafiosi um Millionenbeträge spielten. Aaron Sorkin, der Drehbuchautor von „Social Network“, erzählt in seiner ersten Regiearbeit ihre Geschichte.
 
All-in
 
Molly Bloom wird von ihrem unnachgiebigen Vater zu einer der besten freestyle-Schifahrerinnen der USA erzogen. Neben ihrem Bachelorstudium ist sie dabei sich für die olympischen Spiele zu qualifizieren. Nach einem schweren Sturz ist es mit ihrer Sportkarriere vorbei. Einige Zeit später jobbt sie als Kellnerin in einer Bar und arbeitet tagsüber als persönliche Assistentin für einen Unternehmer, dem sie unter anderem dabei hilft eine wöchentliche Pokerrunde zu organisieren.
 
Die intelligente junge Frau lernt schnell und nutzt ihre Kontakte, um bessere und reichere Spieler für die Runde zu gewinnen. Nachdem ihr Boss sie wegen eines lächerlichen Betrages demütigt, zieht sie selbstständig eine Pokerrunde auf. Obwohl sowohl in Los Angeles als auch in New York immer wieder Männer versuchen, sie aus dem Geschäft zu drängen, verdient sie jahrelang Millionen. Doch dann wird sie plötzlich vor Gericht gestellt. Auf der Suche nach einem ehrlichen Anwalt, landet sie in der Kanzlei von Charlie Jaffey (Idris Elba). Aber der möchte ihren Fall gar nicht übernehmen ….
 
 
Die Story einer jungen Frau, die es trotz aller Widerstände schafft, in einer Männerdomäne über lange Jahre nicht nur erfolgreich sondern auch anständig zu bleiben, kommt gerade zur rechten Zeit. Aaron Sorkin, seit „Eine Frage der Ehre“ einer der profiliertesten Drehbuchautoren Hollywoods, macht in seiner ersten Regiearbeit fast alles richtig. Die Besetzung ist bis in die kleinsten Nebenrollen handverlesen. Einige Darsteller, wie Idris Elba oder Altstar Kevin Costner zeigen ihre besten Leistungen seit langem. Kamera, Schnitt und Ton arbeiten makellos. Die Ausstattung ist grandios. Von den kleinen Hinterzimmern bis zu den teuersten Hotelsuiten wirken die Räume nie wie Kulissen. Und die Kostüme sind atemberaubend. Allerdings hilft es sicher, wenn sie von Jessica Chastain getragen werden, die nicht nur eine der besten Schauspielerinnen sondern ganz nebenbei auch noch eine der schönsten Frauen unserer Zeit ist.
 
Aber Jessica Chastain ist eben mehr als nur wunderschön. In ihren Szenen spüren wir den berechtigten Zorn einer Frau über die dauernde Herabsetzung durch unsichere Männer. Als ihr Anwalt vorschlägt, ihren Beitrag zu den Pokerrunden vor Gericht herunterzuspielen („Sie waren eine Cocktailkellnerin“), lehnt sie wütend ab („Ich verweigere die Genehmigung, dass sie herunterspielen was ich geleistet habe“).
 
Leider stören zwei einzelne Szenen das hervorragende Gesamtwerk. In einer Szene wird Molly Bloom von einem Gangster in ihrer Wohnung überfallen. Warum wird eine Frau auch 2018 in einem Film über eine starke weibliche Heldin immer noch auf eine Art und Weise als Opfer inszeniert, wie man es einer männlichen Figur nie antun würde? Wird einem Mann eine Pistole in den Mund gesteckt? Sieht man ein männliches Opfer nach der Gewalttat nackt unter der Dusche? Würde man einen Mann zeigen, wie er sein eigenes Blut von Wänden und Boden schrubben muss?
 
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Diese Szene alleine wäre zwar verstörend, aber vielleicht noch zu entschuldigen. Wie aber kann man einen Film über den Lebens- und Leidensweg einer starken, emanzipierten Frau machen und am Ende alles ruinieren, in dem man ihr von ihrem dominanten Vater erklären lässt, welche Lehren sie aus ihrer Geschichte zu ziehen hat? Wenn der Vater, der sie bereits als Kind manipuliert und unterdrückt hat, seiner Tochter in ihrer dunkelsten Stunde erklärt, sie wäre nur so erfolgreich gewesen, „um Macht über mächtige Männer zu bekommen“(=wörtliches Zitat) möchte man seinen Ohren nicht trauen. Wenn der Vater seine lieblose Erziehung damit rechtfertigt, dass die Tochter anders nicht so stark geworden wäre, fühlt man sich um Jahrzehnte zurückversetzt. Gelobt sei, was stark macht. Als Dad seine Seitensprünge als Ursache für das Gefühl der Ablehnung während ihrer Kindheit anführt, ohne sich dafür zu entschuldigen, mag man schon nicht mehr hinhören. Selten hat ein Filmemacher einem so guten Film mit einer einzelnen Szene so viel Schaden zugefügt.
 
Full House
 
Jessica Chastain ist sicher eine der besten Darstellerinnen unserer Zeit. Sie überzeugt selbst in weniger gelungen Filmen wie „Crimson Peak“. Die Rolle der Molly Bloom ist wie für sie geschrieben. Nur durch ihre Darstellung können wir nachvollziehen, was diese widersprüchliche, schwierige Figur antreibt. Und wer meint, das sei der Wunsch „Macht über mächtige Männer zu bekommen“, hat hoffentlich keine Kinder.
 
Idris Elba haben wir zuletzt in zwei Filmen hintereinander gesehen, in dem er seine enorme Leinwandpräsenz kaum vermitteln konnte („Der dunkle Turm“, „Zwischen zwei Leben“). Hier spielt er einen im besten Sinne des Wortes „altmodischen“ Charakter. Er spielt die moralische Instanz des Films, er fragt nach dem Warum, das sich ihm nicht erschließen mag. In manchen Szenen erinnert er an Gary Cooper oder James Stewart in den Filmen von Frank Capra.
 
Michael Cera („Juno“) spielt den namenlosen Hollywoodstar, der Spaß daran hat andere Menschen zu manipulieren und zu zerstören. Dabei wirkt er nicht diabolisch oder bösartig, sondern wie jemand der zu viel in zu kurzer Zeit zu leicht bekommen hat und nun meint, genau das stünde ihm immer zu. In der langen Liste hervorragender Nebendarsteller sticht Chris O’Dowd („The IT-Crowd“) als stets besoffener Spieler Douglas hervor. Selten hat man eine bessere Darstellung eines Betrunkenen gesehen. Wie ein echter Betrunkener lallt er nicht einfach. Nein, er gibt sich viel vergebliche Mühe, sich seinem Gesprächspartner verständlich zu machen. Und wie jeder echte Betrunkene will er immer komplizierte Gespräche führen, die ihn vermutlich nüchtern noch überfordern würden. Er antwortet und reagiert in jedem Gespräch mit einer Verzögerung von einer halben Minute, um am Ende doch nichts zu verstehen.
 
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Fazit
 
„Molly’s Game“ ist ein hervorragend gespieltes, zum größten Teil hochwertig inszeniertes Drama. Jessica Chastain verleiht der spannenden Story enorme Glaubwürdigkeit.
 
 
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