Es war nur eine Frage der Zeit bis eines von Hohlbeins Büchern verfilmt würde. Tatsächlich muss man sich fragen, warum das bisher nicht geschehen ist? Hatten die deutschen Studios Angst vor Plagiatsklagen aus Großbritannien und den USA? Bei „Die Wolf-Gäng“ muss sich niemand sorgen, die Macher einer sehr viel bekannteren Buch- und Filmreihe würden klagen. Nicht etwa, weil es keine … ähem … Gemeinsamkeiten gäbe. Sondern weil der Film so schlecht gemacht ist, dass niemand der mit der Produktion eines richtigen Films zu tun gehabt hat, dieses Machwerk damit vergleichen würde.
Regisseur Tim Trageser hat bisher vor allem für das Fernsehen gearbeitet, bevor er mit „Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft“ letztes Jahr auch schon eine ganz besonders originelle Geschichte ins Kino gebracht hat. Und er lässt seinen neuen Film zunächst noch halbwegs erträglich anfangen. Die Vorgeschichte mittels Scherenschnitten zu erzählen, ist gar nicht so verkehrt. Aber der Erzähler trägt auch hier schon ein wenig arg dick auf.
Sobald aber diese Anfangssequenz zu Ende ist, quält man das Publikum minutenlang mit einer langen Reihe von Scherzen über das Navigationssystem im Auto der Vampirfamilie. Und keiner dieser Scherze ist lustig. Drehbuchautor Marc Hillefeld hat bisher vor allem für „Alarm für Cobra 11“ geschrieben, eine Action-Krimi-Serie für Leute, die noch nie einen Action-Krimi gesehen haben. Er hat aber auch Drehbücher für „Der Bergdoktor“ verfasst. Das ist eine Fernsehserie, die tatsächlich auf der Grundlage einer wöchentlichen Serie billiger Heftromane entstanden ist. Na, wenn das mal keine beeindruckende Vita ist …
Zurück zur „Wolf-Gäng“: das Drehbuch von Hillefeld ist übel. Wirklich übel. Was genau ist an dem Drehbuch übel? Fast alles. Nazi-Gags in einem Kinderfilm sind übel. Dialoge wie „Papperlapp Firlefanz, mach’n Tanz, Ponpanz“ sind übel. Der einzige witzige Spruch im Film lautet „Elfen helfen“ und ist aus einer sehr viel besseren Fernsehserie gestohlen und damit auch übel. Dialoge die ständig die Handlung erklären sind übel. Eine Hexe, die mit ihrem Besen immer wieder Bruchlandungen hinlegt, ist übel. Am Ende des Ganzen noch dreist eine Fortsetzung in Aussicht zu stellen, ist besonders übel.
Kurzschluss, Kristallmagie
Die Regie hilft dem Drehbuch kein Bisschen. Die Verwandlungen des Werwolfs laufen jedes Mal gleich ab. Der Kinderschauspieler beugt sich ohne Werwolfsmaske nach vorne, dann kommt ein Schnitt zu einer anderen Figur, Schnitt zurück zum Kinderschauspieler, der sich mit Werwolfsmaske wieder aufrichten darf. Das hat Lon Chaney vor mehr als 75 Jahren besser hinbekommen. Wenn das Budget keine aufwendigeren Effekte hergibt, darf man im Film eben keine Verwandlungsszenen zeigen. Und wenn das Budget nur für 5 (in Worten: fünf) alte Autos reicht, muss man vielleicht ganz auf die alten Autos verzichten. Während des ganzen Films immerzu die gleichen fünf Autos zu zeigen, wirkt lächerlich.
Natürlich musste Regisseur Trageser mit einem geringen Budget arbeiten. Wenn die Tür einer „verbotenen Bibliothek“ aber einfach offen steht, hat das nichts mit begrenzten finanziellen Mitteln zu tun. Und wenn Rick Kavanian, der in Filmen fast immer mit Akzent spricht, weil das damals vor 20 Jahren mal gut ankam, sich in diesem Film nicht entscheiden kann, ob er wieder mit oder diesmal ohne Akzent spielen soll und daher von Szene zu Szene mal mit und mal ohne spielt, dann liegt das auch nicht am Budget. Und wenn ein Profi wie Christian Berkel nicht ausreichend motiviert werden kann, den Teufel anders zu spielen als gelangweilt und angepisst, dann hat das auch nichts mit Geld zu tun. Dafür trägt der Regisseur die Verantwortung.
Das gilt auch für die Leistungen der Kinderschauspieler. Wie überall im Leben brauchen Kinder auch bei Filmdreharbeiten die Hilfe und die Anleitung erfahrener Erwachsener. Auch hier hat die Regie komplett versagt. Die Darsteller der „Wolf-Gäng“ und ihrer Mitschüler sind sicher alle ganz wunderbare junge Menschen. Und vielleicht wird einer von ihnen sogar irgendwann mal so etwas Ähnliches wie ein Schauspieler. Das kann man schließlich nie wissen. Vor allem nachdem man diesen Film gesehen hat, kann man das wirklich nicht wissen.