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*** Brave Mädchen tun das nicht ***

 

ouatih kritik

Autor: Walter Hummer
 
„Sex is natural, sex is fun“ sang George Michael selig vor mehr als Dreißig Jahren und hatte damit natürlich absolut Recht. Zumindest sollte es so sein …
 
That’s Life
 
Lucy ist Violinistin und lebt in einem schönen Haus zusammen mit ihrem Freund, der beruflich Videospiele testet. Beim Sex spricht sie nicht, geht währenddessen lieber ihre Einkaufsliste durch und lässt dabei gern ihren Pyjama an, weil das bequem ist. Als sie herausfindet, dass ihr Freund heimlich Pornos schaut, stellt sie dieses Ferkel natürlich vor die Wahl: sie oder die Pornos. Nachdem sie also wieder Single ist, erstellt Lucy eine Liste von Dingen, die mit Sex zu tun haben und die sie nie zuvor getan hat. Während sie diese Liste fleißig abarbeitet und sich gleichzeitig auf ein Vorspielen bei den Philharmonikern vorbereitet, lernt sie den sympathischen Traummann Grant kennen und lieben …
 
Vor einigen Jahren drehte Joseph Gordon-Levitt mit „Don Jon“ einen Film über Pornografie im Leben moderner Menschen. Scarlett Johansson war großartig in der Rolle einer jungen Frau, die sich für sexy hält und doch ziemlich gehemmt ist. Gordon-Levitt war überzeugend als Weiberheld, den eine echte Frau schnell überfordert hat. Und Julianne Moore war fantastisch, weil … naja, … Julianne Moore ist immer toll. Mit seinen realistischen Charakteren in nachvollziehbaren Situationen und seiner sinnvollen Handlung war „Don Jon“ unterhaltsam und witzig und trotzdem ein intelligenter Film für ein intelligentes Publikum.
 
 
Mit „Brave Mädchen tun das nicht“ kommt nun ein leider sehr dummer Film in die Kinos. Die Ausgangssituation ist dumm. Die Hauptfigur ist dumm. Aber diese Lucy muss dumm sein, denn nur so kann sie immer wieder Dummes tun, um einen dummen Gag mit dem nächsten dummen Gag zu verbinden. Und das was zwischen diesen Gags passiert, bildet die dumme Handlung dieses dummen Films.
 
Wer sich nun fragt, wie dumm Gags und Handlung dieses Films ausfallen, darf selbst entscheiden. Wie dumm ist es, wenn eine junge Frau weder beim noch über Sex sprechen kann, dann aber in einer öffentlichen Toilette nicht nur laut und ausführlich Obszönitäten ruft, sondern auch wiederholt, was sie am Vorabend zu ihrem Freund gesagt hat, damit das vom zufällig vorbeikommenden Traummann auch vor dem Klo gehört werden kann (hahaha!). Diese Lucy zieht zwar beim Sex nicht den Pyjama aus, schmiert sich dann aber in einem Sexshop einfach mal so eine Creme aus einer offenen Tube auf die Lippen ohne zu wissen, dass es sich dabei um eine Erektionscreme handelt (hehehe!).
 
Vaginalkugeln führt sich Lucy auch gleichmal vier Stück ein, bevor sie mit ihrem Streichquartett zu einem wichtigen Engagement geht, bei dem auch der von ihr angeschmachtete Traummann anwesend sein wird, damit sich diese Kugeln dann selbstständig machen können (hihihi!). Anlässlich des ersten Dates nimmt die ach so schüchterne junge Frau den Traummann dann mit zu einem Sex-Medium, das ihre Aura liest und dabei verrät, dass Lucy beim Sex nicht zum Höhepunkt kommt (hohoho!). Und als der Angebetete nach dem Date endlich anruft, setzt sich jemand auf die Fernbedienung damit der Traummann den bisher stumm geschalteten Porno am anderen Ende der Leitung hören kann (huhuhu!).
 
Big Girls Don’t Cry
 
Was die junge Autorin Andrea Marcellus nach einer Vorlage von Ayn Carrillo Gailey verfasst hat, ist kein Drehbuch zu einem Film, sondern eine bloße Nummernrevue, die nie lustig wird. Verbunden werden diese sehr mühsam konstruierten Gags von den jungen Regisseuren Chris und Nick Riedell durch eine Handlung, die keinen Sinn ergibt. Warum kauft eine junge Frau mit einer perfekten Figur Schwangerschaftshosen, die der Traummann dann sieht und die falschen Schlüsse zieht? Warum wird im Film das Vorspielen für die Philharmoniker immer wieder besprochen, wenn die entsprechende Szene dann folgenlos bleibt? Es wirkt als hätten die Filmemacher mittendrin entweder den Überblick über oder das Interesse an der Handlung verloren.
 
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Das Gleiche gilt für den inneren Monolog der Heldin. Dieser nervt während der ersten zwanzig Minuten des Films, verschwindet dann für zehn Minuten, ist noch einmal kurz zu hören, um dann nach einer halben Stunde für den Rest des Films nie wieder vorzukommen. Haben die Regie-Brüder Riedell vergessen, dass die Gedanken der Heldin zu Beginn des Films noch zu hören waren? Oder hatte Drehbuchautorin Marcellus irgendwann keine Lust mehr ein in Klammern gesetztes „Voiceover“ vor die Dialogzeilen der Heldin zu tippen?
 
Die Macher dieses Films haben entweder wenig Ahnung vom Filmemachen oder sie sind sehr faul. Oder sie sind eben einfach nicht besonders schlau. Am einfachsten erkennt man das an der Musik dieses Films. Mit „That’s Life“, „What a Difference a Day Makes“, „Big Girls Don’t Cry“ und „Be My Baby“ hören wir hier einige der größten Klassiker der populären Musik. Aber wir hören nicht Frank Sinatra, Dinah Washington, The Four Seasons oder The Ronettes. Stattdessen werden diese Evergreens von irgendwelchen Studiomusikern interpretiert, die wie eine schlechte Coverband auf einem billigen Kreuzfahrtschiff klingen. Intelligente Filmemacher setzen bekannte Songs ein, um damit ganz subtil Stimmungen zu schaffen. Mit den grässlichen Klängen dieses Soundtracks schaffen die Macher dieses Films nur Stimmung gegen ihren eigenen Film.
 
Von der Musik, über die Gags und die Handlung bis zum Dialog, funktioniert fast nichts in diesem Film. Da passt es auch, wenn die Heldin praktisch keine Entwicklung durchmacht und am Ende beinahe so unsympathisch ist wie am Anfang des Films. Das ist nicht die Schuld der Hauptdarstellerin Lucy Hale („Wahrheit oder Pflicht“). Sie spielt tapfer gleichzeitig gegen ein strohdummes, unlustiges Drehbuch und die Tatsache an, dass sie komplett fehlbesetzt ist.
 
Der unbekannte australische Darsteller Leonidas Gulaptis zeigt den natürlichen Charme eines intelligenten, weltgewandten Gentlemans und erinnert an einen jungen Clive Owen. Das lässt es doppelt unglaubwürdig erscheinen, wenn seine Figur am Ende des zweiten Akts plötzlich verblödet.
 
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Mindy Cohn, Jackie Cruz („Orange Is The New Black“) und Adhir Kalyan (“Der Kaufhaus Cop”) spielen Lucys Freunde und Kollegen erfrischend klischeefrei. Wenn Cruz wütend einen Dildo schlagen und Kalyan Zukunftspläne während einer Akkupunktursitzung besprechen muss, wünscht man diesen begabten Darstellern ein besseres Drehbuch und eine kompetentere Inszenierung.
 
Fazit
 
„Sex is natural, sex is fun“ … außer wenn zwei überforderte Regisseure ein schwaches Drehbuch verfilmen. Dann ist Sex plötzlich kompliziert und gar nicht mehr lustig. Und für komplizierten Sex, der nicht lustig ist, muss niemand ins Kino gehen.
 
 
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