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Kritik: KIllers of the Flower Moon

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Autor: Christopher Diekhaus
 
Gute Freunde kann niemand trennen: Zum sechsten Mal inszeniert Altmeister Martin Scorsese Leonardo DiCaprio auf der großen Leinwand. Mit dabei in „Killers of the Flower Moon“ ist auch Robert De Niro, ein weiterer langjähriger Weggefährte des preisgekrönten Regisseurs.
 
Wahre Geschichte
 
Die blutgetränkte, von Gier und Machtkämpfen geprägte Geschichte der USA hat ihn schon immer fasziniert. In „Gangs of New York“ (2002) befasste sich Martin Scorsese etwa mit einem Mitte des 19. Jahrhunderts tobenden Bandenkrieg im einem Elendsviertel der Metropole am Hudson River. „Killers of the Flower Moon“, eine Adaption eines gefeierten Sachbuches von David Grann, rückt nun eine, zumindest hierzulande, weniger bekannte Mordserie an amerikanischen Ureinwohnern in Oklahoma in den Fokus, die eine perfide Facette der Ausbeutung und Unterdrückung der Natives illustriert.
 
Anfang des 20. Jahrhunderts fand man auf dem Gebiet der Osage Nation gigantische Ölvorkommen, die aus den Stammesangehörigen im Handumdrehen steinreiche Leute machten. Profitieren wollten von dem Fund auch die Weißen und versuchten fortan, Zugriff auf den wertvollen Boden zu erhalten. Vor grausamen Methoden schreckten dabei einige nicht zurück.
 
 
Scorseses Stammschauspieler Leonardo DiCaprio, der erstmals in „Gangs of New York“ für die Regielegende vor der Kamera stand, verkörpert dieses Mal den real existierenden Ernest Burkhart, der nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg noch keine rechte Ahnung hat, was er aus seinem Leben machen soll. Dankbar begibt er sich unter die Fittiche seines wohlhabenden Onkels William Hale (Robert De Niro), der in Fairfax, mitten im Osage Land, großen Einfluss besitzt.
 
Treu ergeben
 
Für den Rinderbaron arbeitet er zunächst als Fahrer und lernt dabei die alleinstehende Stammesfrau Mollie (Lily Gladstone) kennen, mit der er sich auf Anhieb gut versteht. Angespornt von William, der die Seinen nur zu gerne mit Ureinwohnerinnen vermählt, um an deren Ländereien zu gelangen, macht Ernest ihr den Hof und heiratet sie schließlich in einer traditionellen Zeremonie. Dass Osage-Mitglieder fortan immer öfters unter mysteriösen Umständen sterben, scheint Burkhart kalt zu lassen. Die dubiosen Aufträge seines Onkels erledigt er jedenfalls auch weiterhin brav und artig.
 
Wie eigentlich immer bei Scorsese spielt DiCaprio einen Mann, der fast verzweifelt darum kämpft, es weit zu bringen, sich hochzuarbeiten, irgendwie die Zügel in die Hand zu kriegen. Im Gegensatz etwa zu Jordan Belfort aus „The Wolf of Wall Street“ ist dieser Ernest Burkhart allerdings kein cleverer Manipulator, sondern ein Naivling, ein Handlanger, der keine großen Fragen stellt. Auch dann nicht, als er seine an Diabetes erkrankte Frau, die er eigentlich aufrichtig liebt, mit gepantschtem Insulin langsam vergiften soll.
 
03 ©2023 Paramount Pictures04 ©2023 Paramount Pictures05 ©2023 Paramount Pictures06 ©2023 Paramount Pictures
 
Echte Zweifel und Gewissensbisse brechen erst sehr spät hervor. Sympathisch oder gar heldenhaft ist an der Figur rein gar nichts, auch wenn hier und da mal etwas rauer Charme aufblitzt. Erinnert fühlt man sich beim Anblick des Oscar-Preisträgers ein wenig an Marlon Brando, der bei den Dreharbeiten zu „Der Pate“ (1972) angeblich stets etwas Watte in seine Wangentaschen stopfte, um wie eine Bulldogge auszusehen. Auch DiCaprios Burkhart hat leichte Hamsterbacken, was vor allem dann auffällt, wenn er – das kommt häufig vor – die Mundwinkel nach unten zieht.
 
Epische Wucht
 
Eindruck hinterlässt auch und vor allem Robert De Niro, der den Strippenzieher Hale mit einer diabolischen Freundlichkeit versieht. Vordergründig präsentiert sich der die Ureinwohnersprache sprechende Viehbaron als Freund, Gönner und Unterstützer der Osage. In Wahrheit hat er aber bloß seinen eigenen Profit im Sinn. Ein Wolf im Schafspelz, der die Geschicke von Fairfax lenkt und ein „Nein“ nicht akzeptiert.
 
Bemerkenswert ist angesichts ihrer untergeordneten Rolle auch die Perfomance von Lily Gladstone, die den Schmerz der gesundheitlich immer angeschlageneren Mollie schon über ihre traurigen Augen transportiert. Gezeichnet wird ihre Figur einerseits als hartnäckig und unbequem. Andererseits lassen sie Scorsese und Eric Roth in ihrem Drehbuch aber arg lange im Dunkeln tappen, was die Zusammenhänge der Morde betrifft. Erst kurz vor Schluss gelangt sie zu einer niederschmetternden Erkenntnis.
 
Dramaturgisch kommt der Motor ab und an ein wenig ins Stottern. Im Mittelteil des fast dreieinhalb Stunden langen Films gibt etwas Leerlauf. Und obwohl die letzte Stunde mit dem Auftauchen des FBI allerhand Dynamik bereithält, ist es etwas platt, wie Burkharts Charakterbogen abgeschlossen wird.
 
Aufgrund der kleinen erzählerischen Schwächen schwingt sich „Killers of the Flower Moon“ nicht zu einem neuen Meisterwerk auf. Beeindruckend ist Scorseses auf Tatsachen beruhender Westernkrimi dennoch. Denn optisch und ausstattungstechnisch wird hier geklotzt, nicht gekleckert. Kameramann Rodrigo Prieto darf sein Arbeitsgerät gewohnt agil durch die Schauplätze führen. Und immer wieder gibt es imposante Massenszenen zu bestaunen. Keine Frage, die kolportierten 200 Millionen Dollar Produktionskosten, die der Tech-Gigant Apple lockermachte, wurden sinnvoll investiert. Umso schöner, dass der Film, bevor er ins Streaming wandert, über Paramount Pictures einen Kinostart spendiert bekommt.
 
Fazit
 
Optisch kraftvolles, darstellerisch eindringliches True-Crime-Drama, das in epischer Breite eine weniger bekannte Facette der amerikanischen Gewaltgeschichte schildert. In manchen Momenten hätte das Drehbuch allerdings noch etwas mehr Feinschliff gebrauchen können.
 
 
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