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Kritik: F1

 
sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Es gibt eine Menge verschiedene Arten auf die ein Film einfach lächerlich geraten kann. Manche Filme sind sogar auf mehr als eine Art und Weise lächerlich …
 
We can’t win
 
Ich werde die Handlung von “F1“ hier nicht wiedergeben. Zum einen ist sie einer der lächerlichsten Teile dieses an lächerlichen Teilen nicht armen Films. Zum anderen kennen wir alle die Handlung dieses Films, weil wir sie schon oft gesehen haben. Allzu oft. Ich persönlich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich sie schon gesehen habe, die alte Handlung vom alten, abgehalfterten Haudegen, der noch einmal eine Chance bekommt und sich dazu mit dem unerfahrenen Nachwuchs zusammenraufen muss blablabla …
 
Ich kann mich natürlich über das lächerliche Konzept des Studios mokieren und wie alt die originelle Idee ist, ein einmal erfolgreiches Konzept in einem anderen Setting eins-zu-eins wiederholen zu wollen. Ich kann diese Lächerlichkeit unterstreichen, indem ich davon erzähle, dass Produzent Jerry Bruckheimer 1986 einen der größten Erfolge seiner Karriere mit „Top Gun“ hatte, einem von Tony Scott inszenierten Film, in dem Tom Cruise einen jungen draufgängerischen Piloten spielte und wie Bruckheimer diesen Erfolg wenige Jahre später mit „Tage des Donners“ wiederholen konnte, einem von Tony Scott inszenierten Film, in dem Tom Cruise einen jungen draufgängerischen Rennfahrer spielte.
 
Bruckheimer hatte übrigens vor drei Jahren einen der größten Erfolge seiner Karriere mit „Top Gun: Maverick“, einem von Joseph Kosinski inszenierten Film, in dem Tom Cruise einen alten draufgängerischen alten Piloten spielte. Und genau dieser Jerry Bruckheimer ist der Produzent von „F1“, diesem von Joseph Kosinski inszenierten Film, in dem nun tatsächlich Brad Pitt einen alten draufgängerischen alten Rennfahrer spielt. Bruckheimer muss stinksauer gewesen sein, als er gehört hat, wie lange Tom Cruise für seine überlange letzte „Mission: Impossible“ brauchen würde.
 
 
Tatsächlich kann das Publikum froh sein, dass Herr Cruise anderweitig verpflichtet war. Die vielen, vielen inhaltlichen (Drehbuch beider Filme von Ehren Kruger) und stilistischen Parallelen (Filmmusik beider Filme von Hans Zimmer, Kameraführung beider Filme von Claudio Miranda) kann man teilweise wirklich nur als lächerlich bezeichnen. Da ist es eine echte Erleichterung, nicht auch noch dauernd das Gesicht von Tom Cruise unter dem Helm sehen zu müssen. Und ich könnte noch weitere Aspekte dieses Films aufführen, die einfach nur lächerlich sind. Aber es gibt zwei wichtige Gründe, warum ich damit erstmal aufhören möchte.
 
Der eine hat mit meiner Liebe für das Kino zu tun. Und ich spreche hier bewusst vom „Kino“, nicht einfach nur von Filmen. Ich meine „das Kino“ als Gesamtphänomen, diesen fantastischen Ort, an dem man sich freiwillig ins Dunkel setzt, um unter lauter Fremden und vielleicht mit einigen vertrauten Menschen zwei oder drei Stunden der eigenen Wirklichkeit zu entfliehen. Das Kino befindet sich in seiner schlimmsten Krise seit der Erfindung des Fernsehens, vielleicht der schlimmsten Krise seiner Geschichte. Niemand geht mehr ins Kino. Alles wird bloß noch gestreamt, weil man das gemeinsame Erlebnis, einen Film auf einer großen Leinwand zu sehen, der Bequemlichkeit opfert, sein Handy während des Films nicht ausmachen zu müssen.
 
Ich habe vorhin die durch die weite Verbreitung des Fernsehens versursachte Krise des Kinos erwähnt. Hollywood antwortete damals mit Monumentalfilmen, die dem Publikum Attraktionen boten, die das Fernsehen damals (noch) nicht zu bieten hatte. Und um klarzustellen: diese Filme waren auch alle lächerlich. Charlton Heston als alter Moses war lächerlich. Tony Curtis mit seinem Brooklyn-Akzent und seiner Fönfrisur als römischer Sklave war lächerlich. Und später waren die „Airport“- und andere Katastrophenfilme lächerlich (am lächerlichsten war, dass Charlton Heston bei der Hälfte dieser Filme dabei war). Aber diese Filme haben die Leute von ihren Flimmerkisten weg und wieder ins Kino gebracht.
 
We can’t, if we don’t try
 
Vielleicht ist „F1“, dieser auf so viele Arten lächerliche Film, einer der ersten Filme, die im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die Leute von ihren Smart-TVs und Smartphones weg und nochmal wieder ins Kino bringen könnten? Möglich wäre es. Denn der zweite Grund, warum ich nicht weiter über die Lächerlichkeiten dieses Films berichten möchte, sind seine anderen Qualitäten. Und diese sind enorm.
 
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„F1“ ist sicher einer der Filme mit dem höchsten Produktionsniveau, die ich je gesehen habe. Hier wurden nicht nur keine Kosten und Mühen gescheut. Hier wurde aus dem vollen geschöpft. Und das mit dem ganz großen Schöpflöffel. Ich meine, viel mehr Aufwand kann man bei der Herstellung eines Films gar nicht betreiben, als die Macher von „F1“ betrieben haben. Und dieser Aufwand hat sich ausgezahlt. Dieser Film sieht einfach fantastisch aus! Dieser Film entwickelt eine Wirkung, eine Wucht, die man im modernen Popcorn-Kino lange suchen muss.
 
Vor zwei Jahren konnte „Gran Turismo“ seine Kosten wieder einspielen. Überzeugen konnte dieser Film aber niemanden wirklich. „F1“ hingegen kann uns recht schnell voll und ganz überzeugen. Und dann kann uns dieser Film begeistern und mitreißen. Und ja, natürlich ist der Film von Anfang bis Ende lächerlich. Aber kann man das nicht ebenso vom ganzen Formel-1-Zirkus sagen? Und diese Film beschleunigt in den Kurven immer wieder wie einer der gezeigten Boliden. Jedes Mal wenn die altbekannte Handlung in den Vordergrund rückt und man ihre Lächerlichkeit nicht mehr ignorieren kann, geben die Macher wieder Gas und alles wird wieder, … naja, nicht wirklich „spannend“, aber doch wirklich aufregend.
 
Seit John Frankenheimers „Grand Prix“ hat kein Film uns jemals wieder die Geschwindigkeit, die Gefahr und den Wahnsinn dieses Autorennsports vermittelt. Was macht es, wenn „F1“ praktisch die gleiche Handlung hat wie „Driven“ von 2001 und ein paar Dutzend andere Filme? Keiner dieser anderen Filme erreicht die Wirkung, die „F1“ in einem Kinosaal erreicht. Die Kombination von Stunts, CGI und echten Bildern, teilweise aufgenommen bei verschiedenen echten Formel-1-Rennen mit echten, aktuellen Größen dieses Sports als Nebendarsteller und Statisten, bescheren uns für den Preis einer Kinokarte etwas ganz Besonderes. Tatsächlich tut mir jeder Filmfan leid, der diesen Film zum ersten Mal daheim auf dem Bildschirm sehen wird.
 
Das allgemein hohe Niveau dieses Films sehen wir auch auf der Besetzungsliste. Nach Brad Pitts Glanzleistung in „Once Upon A Time in Hollywood“ folgten eher enttäuschende oder belanglose Rollen in enttäuschenden oder belanglosen Filmen wie „Ad Astra“, „Babylon“ oder „Bullet Train“. Es braucht aber einen Darsteller von Format und unbändigem Charisma um eine so lächerliche Rolle wie die des Sonny Hayes (ein Name, wie ihn sich nur Drehbuchautoren ausdenken können) glaubwürdig rüberbringen zu können. Brad Pitt bringt diese Rolle nicht nur rüber, wir zittern und bangen um diesen lächerlichen Kerl während er seine lächerlichen Kapriolen abzieht.
 
Der Rest der Besetzung arbeitet auf ähnlichem Niveau. Javier Bardem, der in Filmen wie „No Country for Old Men“ oder “Skyfall” schon mal zum „scene stealing“ neigt, nimmt sich hier immer wieder vornehm zurück. Der junge Damson Idris spielt die lächerliche Rolle des jungen Draufgängers überraschend sympathisch und nachvollziehbar. Und die stets verlässliche, großartige Kerry Condon bildet nach „The Banshees of Inisherin“ und „Night Swim“ auch hier wieder das emotionale und intellektuelle Zentrum eines schwierigen (und in diesem Fall lächerlichen) Films.
 
Fazit
 
„F1“ ist auf ein Dutzend Arten lächerlich. Aber dieser Film ist auch auf zwei Dutzend Arten cool, aufregend und ein echtes Erlebnis. Ein Erlebnis , das man mit jeder Menge Leute in einem dunklen Kinosaal teilen sollte.
 
 
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