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Kritik: Smile 2 - Siehst du es auch?

sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Fortsetzungen bleiben ja oft hinter dem ersten Teil zurück. Gerade bei Horrorfilmen passiert das leider viel zu oft …
 
I’m having the worst week. The worst!
 
Skye ist eine weltberühmte Sängerin. Aber nach einem schweren Autounfall und Drogenproblemen hat ihre Karriere eine zweijährige Zwangspause erlitten. Jetzt startet Skye aber wieder durch. In wenigen Tagen findet das erste Konzert ihrer Welttournee statt. Bis dahin sind einige wichtige Termine zu überstehen. Da passt es ihr gar nicht, dass ihr alter Freund und Drogendealer plötzlich ausflippt. Offensichtlich sieht er Dinge, die gar nicht da sein können. Aber plötzlich beruhigt sich der Mann. Ein Lächeln erscheint auf seinem Gesicht. Und er begeht vor Skyes Augen brutal Selbstmord. Wenig später beginnt Skye Dinge zu sehen, die gar nicht da sein können …
 
Es gibt eigentlich keinen Grund, warum die meisten Fortsetzungen hinter dem ersten Teil zurückbleiben. In der Regel steht für Fortsetzungen mehr Geld bereit. Man kann also aufwendiger und sorgfältiger produzieren. Und die Story des ersten Teils darf als bekannt vorausgesetzt werden. Man kann die Geschichte also auf einer bekannten Grundlage weiter ausbauen, neue Aspekte der Geschichte erforschen, sie von einem anderen Standpunkt erzählen.
 
Fortsetzungen bieten kreativen Filmemachern viele Vorteile. Und Autor und Regisseur Parker Finn nutzt fast alle diese Vorteile. Nachdem ich Teil Eins vor zwei Jahren wegen zu vieler Klischees aber vor allem wegen vieler vergebener Chancen leider nur mittelmäßig bewerten konnte, kann ich die Fortsetzung aus gleich zwei Gründen nur wärmstens empfehlen. Zum einen bietet „Smile 2“ gediegene Unterhaltung für den fortgeschrittenen Horrorfan. Zum anderen liefert Finn beinahe ein Lehrstück ab, wie man Fortsetzungen richtig gestaltet.
 
 
Im Englischen gibt es die wunderschöne Redewendung „to hit the ground running“. Und genau das tut „Smile 2“. Warum auch nicht? Der Fluch und was er bewirkt dürfen als bekannt vorausgesetzt werden. Wozu alles nochmal erzählen? Also wird eine Nebenfigur aus Teil Eins in der Anfangssequenz für kurze Zeit zur Hauptfigur. Der Mensch ist am Ende. Der Fluch tut seit sechs Tagen seine Wirkung. Der Horror hat die Figur in den Wahnsinn und darüber hinaus getrieben. Ein verzweifelter Plan für das eigene Ende mag aus der Sicht dieser Person Sinn ergeben, scheitert aber. Wie dieser Plan scheitert, lässt in Parker Finn einen fähigen Filmemacher erkennen, der eine originelle Idee konsequent umzusetzen weiß.
 
Everybody loves you
 
Einfallsreich startet auch die Haupthandlung des neuen Films. Die berühmte Sängerin ist zu Gast in der real existierenden Talkshow, deren Gastgeberin auch schon Erfahrung mit Horrorfilmen sammeln durfte. Wir hören, wie der Star dem Publikum die offizielle Version der Probleme der Vergangenheit erzählt, bekommen aber gleichzeitig in einer kurzen doch umso wirkungsvolleren Einstellung einen ersten Einblick in ihre Erinnerungen und Gefühlswelt.
 
Die Szenen in denen der Druck und die Erwartungen an die junge Sängerin durch Promoter, Produzenten, Fans und sogar die eigene Mutter gezeigt werden, heben „Smile 2“ von anderen Genreproduktionen ab. Die junge Frau hatte kaum Zeit eine traumatische Erfahrung zu verarbeiten. Ihre Drogenrehabilitation interessiert andere nur insoweit, wie sie den Star verlässlich funktionieren lässt.
 
Erst in letzter Zeit haben wir auch Britney Spears‘ Seite ihrer Geschichte erfahren und gelernt, welchem Druck die jungen Stars des Disney Channel jahrelang ausgesetzt waren. Wenn wir hier sehen, wie eine junge Sängerin von Proben zu Fernsehshows, von PR-Terminen zu Galas, von Meet and Greets zu allen möglichen anderen Auftritten gehetzt wird, bereichert das den Film nicht nur um das Drama einer einsamen, überforderten jungen Frau. Das Ganze bildet innerhalb der Handlung auch sehr stimmig sowohl eine exzellente Tarnung als einen reichhaltigen Nährboden für den Dämon, der nach und nach von Skye und ihrem Leben Besitz ergreift.
 
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Die Funktionsweise des Dämons ergibt in „Smile 2“ ganz allgemein viel mehr Sinn als im Vorgängerfilm. Wie die Sängerin sich den Dämon von einem Dealer „einfängt“, funktioniert ganz hervorragend. Wie sie plötzlich an einen Mitwisser und Verbündeten gerät, wie eine alte Freundin wieder Teil ihres Lebens wird, die Erinnerungen an ein traumatisches Erlebnis, … all das ist wirklich nicht schlecht geschrieben und mindestens ebenso gut inszeniert.
 
Natürlich ist „Smile 2“ nicht perfekt. Am Drehbuch kann man immer noch bemängeln, wie viel Mühe sich der Dämon gibt, wenn es darum geht, sein Opfer zu isolieren und in den Selbstmord zu treiben und dass diese böse Macht sich immer mal wieder nicht an die eigenen Regeln hält. Aber auch der Mangel an innerer Logik fällt bei Teil Zwei nicht annähernd so gravierend aus, wie bei Teil Eins. Und kann man von Dämonen wirklich Konsequenz und Fairness erwarten?
 
Die Inszenierung lässt tolle Ideen erkennen und ist vor allem visuell viel stärker geraten als vor zwei Jahren. Bloß einzelne Ideen, wie eine Drehtür zum Drogenkonsum oder ein Meteorologe im Fernsehen, der den ersten Schnee des Jahres just in dem Moment ankündigt, in dem die Heldin eine nicht unbeträchtliche Menge peruanisches Marschierpulver vor sich sieht, sind ein wenig arg plump geraten. Auch die deutlich gezeigten, … ähm, … „Spuren“ in einer Unterhose werten den Film sicher nicht auf. Im Gegensatz dazu hinterlässt zum Beispiel eine kurze Szene, in der die attraktive Sängerin in glitzerndem Make-up und mit teurem Schmuck behangen, aber doch furchtbar hässlich gezeigt wird, einen tiefen Eindruck beim Betrachter.
 
Eine Horde besessen lächelnder Fans wirkt gruseliger als sämtliche Splatter-Szenen des Films. Solche Szenen hat „Smile 2“ auch wieder einige zu bieten. Ich persönlich hätte auf den Anblick eines Menschen, der sich selbst mit einer Brechstange den Kiefer entfernt, gerne verzichten können. Und warum ich nach „Longlegs“ nun innerhalb kurzer Zeit zum zweiten Mal sehen durfte, wie sich jemand selbst totschlägt, weiß ich auch nicht. Aber ich weiß, ich bin für derlei kein Maßstab und viele Filmfans wissen derlei wohl zu schätzen. Diesen Kennern kann ich „Smile 2“ nur wärmstens empfehlen.
 
Alle anderen Filmfans haben die seltene Gelegenheit einen Horrorfilm zu sehen, in dem die Hauptfigur eben kein sinnlos kreischendes Opfer ist. Die Macher des Films haben sich für Teil Zwei eine sehr viel besser Hauptdarstellerin geleistet als noch für Teil Eins. Naomi Scott hatte in Guy Ritchies schwacher Version von Disney’s „Aladdin“ noch Mühe sich gegen das noch schwächere Drehbuch durchzusetzen. Aber bereits in „Drei Engel für Charly“ hat sie sich wacker geschlagen, … und zwar im doppelten Sinne des Wortes.
 
Wenn in „Smile 2“ der Fluch des Dämons als Metapher für den Kontrollverlust durch Drogensucht und den Verlust der Identität und Selbstbestimmung als Preis des Ruhmes funktioniert, dann nur wegen der wirklich soliden Leistung von Naomi Scott. Sie wirkt während der Bühnenshows ebenso eindrucksvoll, wie sie allein in ihrem Alptraum-Designer-Apartment ängstlich und angesichts der Verständnislosigkeit ihrer Umgebung verzweifelt wirkt. Wenn sie dem Dämon ein entschlossenes „I’m in control!“ entgegen schreit, lässt sie ihre Figur vom Opfer zur Heldin werden.
 
Fazit
 
Ein seltenes Phänomen: Die Fortsetzung eines Horrorfilms, die aufwendiger, sorgfältiger und ganz allgemein besser gestaltet wurde als der Vorgängerfilm. Die kompetent zubereitete Mischung aus psychologischem Horror und Splatter-Movie ergibt cooles Spannungs- und auch Horrorkino und ist nichts für Zartbesaitete.
 
 
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