2001 hat angerufen und will seinen Film zurück: Mit MÄDCHEN MÄDCHEN! gehen Inka, Vicky und Lena erneut auf die Reise des Erwachsenwerdens und brechen dabei jedes Tabu…
Eine altbekannte Geschichte
Inka (Kya-Celina Barucki) und ihre besten Freundinnen Vicky (Julia Novohradsky) und Lena (Nhung Hong) stecken mitten in der Pubertät. Sie haben nun endlich genug von Jungs, die ihnen das Gelbe vom Ei versprechen und dann nicht performen können. Also begeben Sie sich auf die Suche nach dem einen, was sie sich am meisten Wüschen: einen richtigen Orgasmus. Doch die Suche stellt sich schwieriger heraus als gedacht.
Inspiriert von…
Während die ersten Szenen nicht nur durch das Makeup an die Serie EUPHORIA (2019) erinnern, wird schnell klar, dass dieser Film nicht an die Qualität der US-amerikanischen Serie heran kommt. Trotzdem lassen sich durch die Hauptthemen Sexualität, Erwachsenwerden und Freundschaft Parallelen finden.
Aber nicht nur EUPHORIA - Flashbacks kommen beim Schauen des Filmes in den Kopf: Eine Rede hatte doch sehr stark den Anschein, jene von America Ferraras aus BARBIE (2023) nachzuahmen, nur leider ohne Erfolg. Feminismus und Diversität werden versucht mit einzuarbeiten um dadurch einen neuen, frischen Wind in das Originalmaterial zu bringen. Zum Großteil klappt das auch überraschend gut, aber eben nicht immer.
Wo ist die Grenze?
MÄDCHEN MÄDCHEN! versucht, genau wie das Original aus 2001, so viele Tabus wie möglich zu brechen und geht teilweise sogar über den Vorgänger hinaus. So will Vicky nicht nur lesbisch werden, wie im Original, sondern sie ist es wirklich und lebt es aus. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass hier (fast) minderjährige Schülerinnen nicht nur sehr offen, sondern fast sexualisiert dargestellt werden.
Ob mit der Kamera beim Orgasmus auf den Hintern einer (im Film) gerade frisch 18 Jährigen gefilmt werden muss, bleibt fraglich. So hat es das Original zwar vorgemacht, aber es hinterlässt weiterhin ein mulmiges Gefühl und trägt vielleicht nicht nur zur Freiheit von Frauen sondern auch zur Normalisierung sexueller Szenen mit Schülerinnen bei.
Andererseits ist der Film an junge Mädchen gerichtet, die danach möglicherweise etwas weniger Scham empfinden müssen. Wo da die Grenze zwischen Sexualisierung und Aufklärung liegt, ist schwierig, gerade weil hier provoziert werden will. Trotzdem sollte man auch mit einem kritischen Auge an einige Szenen heran gehen.
Auch wenn das Remake sich am Originaltitel bedient hat, wurde in der Geschichte doch einiges abgewandelt. Eine Gemeinsamkeit gibt es jedoch: viele unangenehme Szenen gerade zu Beginn, aber genau das ist eben der Sinn: Unangenehme Themen ansprechen. Der Film könnte damit eine Art Safe Space für eine neue Generation an pubertären Mädchen darstellen, in dem sie ohne Scham etwas über ihren Körper lernen können.
Ob die drei Mädels die aktuelle Generation jedoch wirklich repräsentieren, können Schülerinnen in dem Alter wohl besser einschätzen. Auf jeden Fall schafft der Film es erneut Tabus zu brechen und Situationen anzusprechen, die viele Mädchen und Frauen erleben aber selten miteinander teilen. Dabei führt das Ansprechen dieser Themen natürlich auch automatisch zu humorvollen Szenen, die zumindest teilweise funktionieren, wenn auch nicht immer.
Alte Bekannte und neue Gesichter
Henning Baum ist, wie schon im Original, auch dieses Mal wieder mit von der Partie. Als Vater von Inka setzt er seine Rolle überzeugend um, bleibt aber Nebencharakter. Die drei Hauptcharaktere sind sympathisch, aber etwas diverser aufgestellt als in 2001.
Mit mindestens einer der drei Mädels kann sich wohl jede Frau irgendwo identifizieren, aber besonders Julia Novohradsky als Vicky konnte mich überzeugen. Ihre Geschichte erzeugte am meisten Spannung und ihre Spielart wirkte authentisch, obwohl dies ihr erster Film war. Aber nicht nur Sie, sondern auch die anderen beiden Mädels werden durch diesen Auftritt wohl nochmal einen guten Schub in ihrer Karriere bekommen.
Fazit
Nach einem Remake von MÄDCHEN MÄDCHEN! hat wohl niemand gefragt, aber wer fragt schon nach einem Remake? Der Film erzeugt, genau wie das Original, durch einen Balanceakt auf der Grenze zwischen Aufklärung und bloßer Sexualisierung, hin und wieder kritische Momente, die nur mit einem mulmigen Gefühl anschaubar sind. Dennoch gibt es einige spannende Neuerungen, die das Material für ein neues Publikum interessant machen. Die drei Mädchen schaffen es Sympathie zu wecken und vielleicht der ein oder anderen jungen Zuschauerin die Scham zum Thema Sexualität zu nehmen.