In „Die Täuschung“ schlüpft Oscar-Preisträger Colin Firth (ausgezeichnet für seine Darbietung in „The King’s Speech“) in die Rolle des oben erwähnte Montagu, der zusammen mit Charles Cholmondeley (Matthew Macfadyen) die Idee der Leiche vorstellt, ausarbeitet und schließlich in die Tat umsetzt. Für ihre Operation wählen die Männer einen toten Obdachlosen namens Glyndwr Michael aus, dessen Körper Anzeichen eines Ertrunkenen aufweist. Aus ihm wird der Soldat Major William Martin, dem sie eine möglichst reichhaltige Biografie auf den Leib schreiben. Das Foto seiner angeblichen Verlobten steuert die verwitwete Sekretärin Jean Leslie (Kelly Macdonald) bei, für die sowohl Montagu als auch Colmondeley bald etwas empfinden.
Wirkungsvoll verdichtete Geschichtsstunde
„Die Täuschung“ ist keiner dieser Kriegs- oder Geheimdienstfilme, die über Spektakel und permanente Aktion funktionieren. Langweilig und trocken wird es jedoch nie, weil Madden und Drehbuchautorin Michelle Ashford („Masters of Sex“) die Mincemeat-Vorbereitungen und -Geschehnisse geschickt verdichten.
Unterhaltsam sind etwa die Passagen, in denen sich Montagu und seine Mitstreiter mit spürbarer Freude am Fabulieren Details und Eigenschaften für ihren fiktiven Major überlegen. Bekämpft wird der Feind nicht nur auf dem Schlachtfeld. Auch im stillen Kämmerlein werden wichtige Entscheidungen getroffen und Erfolge errungen. Das betont der Film immer wieder. Erfreulich ist, dass die Macher es regelmäßig schaffen, eher weniger aufregenden Momenten Spannung zu verleihen. Zum Beispiel einer Szene, in der die Beteiligten beisammensitzen und ein Telegramm erwarten. Die ernsten Blicke und Mienen und die Tatsache, dass es um sehr viel geht, reichen aus, um Nervenkitzel zu produzieren.
Das Spiel mit Illusion und Täuschung, das Montagu und Co betreiben, findet seine Entsprechung in der Figur eines gelegentlich kommentierend eingreifenden Erzählers, der selbst in die Operation involviert ist. Der Name dieses oft an einer Schreibmaschine sitzenden Mannes: Ian Fleming, kein Geringerer als der Schöpfer der Spionageikone James Bond, der zehn Jahre nach Mincemeat seinen ersten 007-Roman präsentieren wird. Mehr als einmal sinniert er über das Verhältnis von Wahrheit und Fiktion – und ergänzt die gediegen ausgestattete Geschichtsstunde um eine amüsante Metaebene.
Die Qualität des Hauptstranges bleiben manche Nebenplots- und schauplätze leider schuldig. Ins Auge sticht hier vor allem das in der Realität nicht belegte Liebesdreieck zwischen Montagu, Colmondeley und Leslie, das zwar nicht übermäßig plump ausgeschlachtet wird, aber dennoch klischeehaft und überflüssig bleibt. Unausgereift wirken auch die Schilderungen rund um Ewens Bruder Ivor (Mark Gatiss), der verdächtig wird, mit der Sowjetunion zu kollaborieren. Was die Macher mit diesen Zusatzinformationen und Ausschmückungen bezwecken, ist klar. Die Figuren sollen mehr Profil erhalten. Wirklich gelingen will es in der dargebotenen Form allerdings nicht.