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 Autorin: Claudia Oberst
 
Benicio del Toro über seinen neuesten Hit Sicario“, warum er Regisseure in den Wahnsinn treibt und wie er sich in Hollywood nach oben gekämpft hat.
 
„Am besten ziehst du in eine Kleinstadt. Du bist kein Wolf. Und das ist jetzt das Land der Wölfe“, erklärt ein grimmig dreinblickender Benicia del Toro der tränenüberströmten Emily Blunt am Ende von „Sicario“. Es sind die letzten Worte eines Films, der den Zuschauer erschüttert und desillusioniert zurücklässt.
 
„Sicario“ ist ein düsteres Drama über den Drogenkrieg an der mexikanisch-amerikanischen Grenze. In der Figur des erbarmungslosen Söldners Alejandro hat Benicio del Toro einmal mehr eine Paraderolle gefunden und wird von einigen Klatsch-Blättern in Hollywood bereits als Oscar-Kandidat gehandelt.
 
Es wäre nicht sein erste Oscar. Der gebürtige Puerto Ricaner gehört seit Jahren zur Schauspiel-Elite. Mit seinem intensiven Blick, den markanten Augenbrauen und seiner rauen Stimme, die immer etwas unausgeschlafen klingt, setzt sich del Toro von all den makellos glatten Hollywood-Gesichtern ab.
 
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Langer Weg zum Oscar
 
Lange Zeit glaubten weder er noch seine Familie an den Durchbruch. Und auch heute noch scheint dem Vater einer Tochter sein Ruhm etwas unheimlich, wie er in einem Interview im Rahmen des AFI Filmfestes in Los Angeles verriet.
 
„Ich wurde ständig abgewiesen. Es gab Castings, da sagten mir die Leute: 'Du bist der schlechteste Schauspieler, den wir je gesehen haben'“, erinnert sich der 48-jährige an seine harten Anfänge im Filmgeschäft zurück.
 
1987 ergatterte er eine Rolle in „Miami Vice“ und spielte zwei Jahre später einen Bösewicht im James Bond-Klassiker „Lizenz zum Töten“. Dass er im Bond mitspielte, ist ein kleines Wunder, denn das letzte Casting-Treffen mit den mächtigen Bond-Produzenten hatte er verpasst - er war am Vorabend verhaftet worden. „Ich hatte meine Strafzettel nicht gezahlt“, grinst del Toro und fügt in seinem typisch trockenen Humor hinzu, „Lektion gelernt: Zahl immer sofort deine Bußgelder.“
 
Mitte der 90er Jahre gelang ihm mit „Die üblichen Verdächtigen“ schließlich der Durchbruch. Steven Soderbergh’s Drogendrama „Traffic“ machte ihn endgültig zum Superstar - und bescherte ihm seinen ersten Oscar.
 
Was für die meisten seiner Kollegen die absolute Krönung ihrer Karriere darstellt, war für del Toro eine eigenartige Erfahrung: „Dieser Hype um „Traffic“ war total bizarr. Gut, aber merkwürdig. Die Oscar-Verleihung hat sich wie Reality-TV angefühlt.“
 
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Schauspieler aus Leidenschaft
 
Der Basketball-Fan, der beim Sprechen pausenlos mit den Händen gestikuliert, sucht in jeder Rolle die Herausforderung. Seine Figuren sind oft undurchschaubare, gequälte Seelen. „Eine Figur, die innerlich zerrissen ist, ist viel interessanter zu spielen. Ausserdem ist sie menschlicher, denn wir alle tragen Widersprüche in uns.“
 
Auch in „Sicario“ spielt er eine gebrochene Figur: Der Söldner Alejandro jagt die Drogenbosse, die für den Tod seiner Frau und seiner Tochter verantwortlich sind. „Alejandro ist ein guter Kerl, der frustriert ist mit der Situation in seinem Land und der das Böse bekämpfen will“, so del Toro. „Ich habe schon alle möglichen Figuren in allen möglichen Drogen-Filmen gespielt, aber Alejandro ist anders. Nur deshalb habe ich zugesagt.“
 
Die Regisseure, mit denen del Toro arbeitet, wissen, dass er seine Rollen genau studiert und nach seinem Empfinden weiterentwickelt. „Ich treib sie in den Wahnsinn mit meinen Ideen“, lacht del Toro. „Ich ruf sie am Sonntagmorgen um 9 Uhr an, das ist mir egal. Ich will sicher sein, dass wir auf der gleichen Wellenlänge sind.“
 
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Vom Maschinengewehr zum Lichtschwert
 
Auf der gleichen Wellenlänge war er auch mit seinen Kollegen Emily Blunt und Josh Brolin bei den Dreharbeiten zu „Sicario“. Neben der spektakulären Kameraführung und der atmosphärischen Musik tragt die Chemie des Trios viel zum Erfolg des Films bei. „Sicario“, dessen Budget gerade einmal 30 Millionen Dollar betrug („Spectre“ kostete über 250 Millionen), hat bereits wenige Wochen nach Filmstart 73 Millionen Dollar weltweit eingespielt.
 
Dass der Film beim Publikum so gut ankommen würde, hatte niemand gedacht, nicht einmal del Toro selbst. „Am Anfang haben Josh [Brolin] und ich gerätselt, ob „Sicario“ funktioniert, ob das Drehbuch funktioniert“, gibt der Wahlspanier zu, „aber dann hat uns der Film beeindruckt und wir sind richtig in die Geschichte hineingezogen worden.“
 
Bald hat er die Möglichkeit, seine Figur des getriebenen Rächers weiterzuentwickeln. Das Filmstudio Lionsgate bastelt bereits an einer Fortsetzung zu „Sicario“ - der Söldner Alejandro soll im Mittelpunkt stehen.
 
Erst mal wird es aber intergalaktisch für den eher auf Action abonnierten del Toro. Ab März dreht er „Star Wars VIII“ und darf als Bösewicht sein Können unter Beweis stellen.
 
Und, wie wird der neue Star Wars? Del Toro wehrt lächelnd ab: „Ich darf nichts verraten und ich weiß auch nicht viel über den Film. Ich weiss noch nicht mal, ob ich ein Alien oder ein Mensch sein werde.“